Nordrhein-Westfalen:Ampel-Flackern

Düsseldorf 24.11.2021 Landtag NRW Plenum Ministerpräsident Hendrik Wüst CDU Maske Schutzmaske Coronamaske FFP2-Maske Dü

Viel zu spät handle die Regierung von Ministerpräsident Hendrik Wüst in der vierten Corona-Welle, findet die Opposition.

(Foto: Michael Gstettenbauer/imago images)

In Nordrhein-Westfalen regiert Schwarz-Gelb. Noch. Bei einer Corona-Debatte in Düsseldorf blitzt schon mal die neue Berliner Farbordnung auf.

Von Christian Wernicke, Düsseldorf

Berlin strahlt aus, sogar bis nach Düsseldorf. Exakt 530 Kilometer trennen Bundestag und NRW-Landtag. Aber an diesem Mittwoch, da die Koalition aus SPD, Grünen und FDP ihr neues Bundeskabinett präsentiert, sind die Umwälzungen an der Spree seismographisch bis zum rechten Rheinufer zu spüren. Dort herrscht zwar keine Ampel, sondern Schwarz-Gelb. Aber es flackern Lichtzeichen.

Corona macht's möglich. Zwei Stunden lang streitet der Düsseldorfer Landtag darüber, ob die schwarz-gelbe Regierung im bevölkerungsreichsten Bundesland genug tut, um die 18 Millionen Bürger vor der Seuche zu schützen. Hendrik Wüst (CDU), als Ministerpräsident seit genau vier Wochen der Nachfolger des auf dem weiten Weg nach Berlin gestolperten Armin Laschet, hält sich diesmal vornehm zurück: Er hört nur zu, liest Nachrichten auf dem Diensthandy. Statt seiner steht Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann am Pult und hält ein Kurz-Referat zu den Covid-19-Regeln, samt 2-G, 2G-plus und 3-G. Nichts wirklich Neues, auch nicht Laumann finales Stoßgebet an die Bürger: "Lassen Sie sich um Gottes Willen impfen."

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Die langen Schatten der Berliner Neuordnung jedoch zeichnen sich im Plenarsaal ab, als dann Thomas Kutschaty redet, der SPD-Oppositionsführer. Der Sozialdemokrat erinnert daran, wie Hendrik Wüst vor einer Woche gegen das neue, von der angehenden Ampel entworfene Bundesinfektionsschutz-Gesetz gewettert hatte. Der CDU-Regierungschef hatte der künftigen Bundesregierung und Olaf Scholz persönlich vorgeworfen, mitten in der mächtigen vierten Welle der Pandemie wertvolle Schutzmaßnahmen abzuschaffen und sogar gedroht, seine Regierung werde das Ampel-Gesetz zusammen mit anderen CDU-geführten Landesregierungen im Bundesrat blockieren. Am Ende gab Wüst bekanntlich klein bei, seit Dienstag gilt das Gesetz.

Nun schlägt SPD-Chef Kutschaty zurück. Zu wenig und viel zu spät handle Wüsts Regierung. Kutschaty preist das Berliner Ampel-Gesetz - und geißelt, dass die schwarz-gelbe Regierung nicht alle dort aufgeführten Anti-Corona-Maßnahmen nutze. "Sie haben einen vollen Werkzeug-Kasten von SPD, FDP und Grünen bekommen," schimpft der Sozi, aber weil die Landesregierung nicht die Möglichkeit nutze, sich vom NRW-Landtag eine "pandemische Lage" an Rhein und Ruhr attestieren zu lassen, blieben wertvolle Instrumente ungenutzt. Eine solche parlamentarische Ermächtigung erschließe der Landesregierung den Zugriff auf härtere Maßnahmen gegen das Virus, "aber Sie haben den Schlüssel dazu in den Rhein geworfen."

Die Idee der Grünen: eine Art Ersatzschlüssel

Die Grünen, in Berlin nun wieder mit der SPD im Bunde einer Regierung, stoßen in Düsseldorf ins gleiche Horn. Und sie präsentieren am Mittwoch im Landtag der Wüst-Regierung eine Art Ersatz-Schlüssel, um notfalls etwa private Feiern, Sportveranstaltungen oder auch den Verkauf und Konsum von Alkohol auf Weihnachtsmärkten zu verbieten: Per Eil-Antrag möge der Landtag bitteschön "die konkrete Gefahr der epidemischen Ausbreitung des Corona-Virus" feststellen - und der NRW-Regierung mehr Anti-Covid-Instrumente in die Hand geben. Im Westen liegt die 7-Tage-Inzidenz zwar "nur" bei erst 249,7 und nicht bei 644 (Bayern) oder gar 935 (Sachsen). Aber die Corona-Zahlen steigen auch am Rhein, sprunghaft sogar.

Das entscheidende Wort hat an diesem Mittwoch in Düsseldorf die FDP. Auch der liberale Fraktionschef Christof Rasche lobt das neue Infektionsschutzgesetz der Berliner Ampel. Und Rasche schimpft, dass etwa Bayern und Sachsen dessen schärfere Instrumente nicht längst nutzen würden. Kurz blinkt da in NRW die Ampel auf. Nur, noch mag Rasche die eigene NRW-Regierung nicht zum Handeln zwingen: Die liberalen Abgeordneten stimmen (wie CDU und AfD) gegen den grünen Eilantrag. Mit den Schwarzen also, Rotgrün fehlen zur Ampel die gelben Handzeichen.

Das mag sich demnächst ändern. Sollten die Corona-Ziffern, also Inzidenzen und Hospitalisierungsraten, demnächst im Westen explodieren wie jetzt schon im Süden und Osten der Republik, so müsste auch Schwarzgelb umschalten. "Wäre wir heute im Bayerischen Landtag, hätten wir wohl anders entschieden", bestätigt Henning Höne, der Geschäftsführer der FDP-Fraktion. Und auch andere Leuchtziffern stehen auf Ampel: Laut aktuellen Umfragen ist Rot-Gelb-Grün die wahrscheinlichste Regierungskoalition in NRW - nach den Landtagswahlen im kommenden Mai.

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