Corona-Politik:Kanzler lässt Kritik der Länder abtropfen

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Bundeskanzler Olaf Scholz verteidigte die Lockerungspläne. (Foto: Getty Images)

"Einen solchen Umgang mit den Ländern hat es noch nie gegeben": Die Ministerpräsidenten halten Lockerungen in der Corona-Politik für zu weitgehend und nicht praktikabel. Olaf Scholz sieht das anders.

Von Nico Fried, Berlin

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die geplante Neufassung des Infektionsschutzgesetzes verteidigt, mit der die meisten bestehenden Beschränkungen des öffentlichen Lebens wegfallen sollen. "Wir glauben, dass man mit dieser Regelung alles tun kann, was notwendig ist", sagte Scholz nach einer Video-Konferenz mit den Ministerpräsidenten der Länder. Der Kanzler zeigte sich damit unbeeindruckt von massiver Kritik, die zahlreiche Regierungschefs der Länder in der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) wie auch danach äußerten.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) warf der Bundesregierung vor, sie habe Absprachen für eine rechtzeitige Einbeziehung der Länder bei der Erarbeitung des neues Gesetzes gebrochen. Die Regelungen widersprächen den Empfehlungen des von der Bundesregierung eingesetzten Expertenrates und seien zu kompliziert, rechtlich unsicher und praktisch kaum umsetzbar. Als Beispiel nannten Wüst, der auch Vorsitzender der MPK ist, wie auch die Regierende Bürgermeisterin von Berlin, Franziska Giffey (SPD), die neue Hotspot-Regelung, die auf Beschuss eines Landtags zusätzliche Beschränkungen erlaube, deren Kriterien aber nicht klar gefasst seien.

Schon in der Sitzung hatten mehrere Regierungschefs massive Kritik am Corona-Kurs der Ampelkoalition geübt. Die Kritik wurde parteiübergreifend vorgetragen, wie Wüst hinterher bestätigte. "Einen solchen Umgang mit den Ländern hat es noch nie gegeben", zitierte die Nachrichtenagentur Reuters Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Sein niedersächsischer Kollege Stephan Weil (SPD) habe das Abschieben aller Verantwortung auf die Länder als nicht vertretbar bezeichnet. "Das Verfahren ist schlicht unsäglich", sagte Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU).

Das Robert-Koch-Institut hatte vor Beginn der MPK einen neuen Rekordwert bei den Infektionszahlen gemeldet: Die Behörde verzeichnete 294 931 Neuinfektionen binnen 24 Stunden. Das waren 32 179 Fälle mehr als vor einer Woche. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz stieg auf 1651,4 von 1607,1 am Vortag und markierte damit ebenfalls einen neuen Höchstwert. 278 weitere Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus. Die Zahl der Intensivpatienten mit dem Virus in Krankenhäusern betrug am Mittwoch 2257.

Maskenpflicht bleibt in Bus und Bahn

Trotzdem sollen die meisten bundesweiten Schutzmaßnahmen nach dem Plan der Ampelregierung am Samstag auslaufen. Bestehen bleiben soll nur ein Basisschutz, zum Beispiel eine stark eingeschränkte Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr und in Einrichtungen mit vulnerablen Personengruppen. Der Gesetzentwurf soll am Freitag in Bundestag und Bundesrat beschlossen werden.

In der Diskussion um die Finanzierung der Kosten für die Unterbringung und Betreuung der Flüchtlinge aus der Ukraine verständigten sich Bund und Länder auf die Einsetzung einer Arbeitsgruppe. Sie soll bis zur nächsten MPK in drei Wochen die Aufteilung der Kosten verhandeln. Die Zahl der registrierten Flüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland stieg am Donnerstag auf 187 428 Menschen seit Beginn des Krieges. Das teilte das Bundesinnenministerium mit.

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