Israel, Österreich und Dänemark wollen künftig bei der Forschung, Produktion und Zulassung von Corona-Impfstoffen zusammenarbeiten. Diese sogenannte Impfallianz der drei Länder, die am Donnerstag bei einem Treffen der jeweiligen Regierungschefs vorgestellt wurde, richtet sich auf zukünftige Wellen der Pandemie.
Gastgeber Benjamin Netanjahu lobte die Kooperation dreier "kleiner, aber sehr fähiger Länder". Österreichs Kanzler Kurz erklärte, "wir müssen nicht nur das Virus jetzt bekämpfen, sondern auch die Mutationen in den nächsten Jahren". Dafür seien globale Kooperationen nötig. Die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen betonte, "dass der ausreichende Zugang zu Vakzinen entscheidend ist in den nächsten Jahren".
Für Netanjahu ist der Besuch relativ kurz vor der Parlamentswahl am 23. März eine willkommene Gelegenheit gewesen, seinem Wahlvolk die hervorgehobene Rolle Israels bei den weltweiten Impfanstrengungen zu demonstrieren. Eingerahmt von seinen beiden Gästen gefiel er sich augenscheinlich in der Rolle des "Impf-Weltmeisters". Kurz diente sich ihm an mit dem Satz: "Die Welt schaut auf Israel mit Bewunderung."
Die Motive seiner beiden Gäste dürften vielschichtiger sein - in jedem Fall ist die Allianz mit Israel ein Misstrauensvotum gegen die Impfstoffstrategie der EU-Kommission. Kurz hatte aus seiner Enttäuschung über die EU-Politik keinen Hehl gemacht. Österreich, so hatte er vorab verkündet, wolle künftig nicht mehr allein von der EU abhängig sein bei der Produktion von Impfstoff der zweiten Generation.
Ein schnelles Prüfverfahren für den russischen Impfstoff ist in Amsterdam eröffnet
Bei dem nur wenige Stunden dauernden Besuch fuhren Kurz und Frederiksen zunächst gemeinsam mit Netanjahu in ein Fitnessstudio. Dort informierten sie sich über den grünen Pass, der in Israel Geimpften und Genesenen den Zugang zu Fitnessstudios und Schwimmbädern, Hotels und Restaurants sowie Kultur- und Sportveranstaltungen sichert. Auch für Reisen soll er in Zukunft eingesetzt werden. Kurz hat auf EU-Ebene bereits einen Vorstoß zur Einführung eines solchen Passes gestartet.
Bei anschließenden Gesprächen in Jerusalem wurden die Möglichkeiten zur Kooperation der drei Länder bei künftigen Impfstoffen besprochen. Dabei hatte auf EU-Ebene die Kommissionschefin Ursula von der Leyen erst vor zwei Wochen eine groß angelegte Initiative verkündet, wie die Behörde den Ausbau der Fertigungskapazitäten in Europa und die Entwicklung weiterer Corona-Vakzine unterstützen will. Dabei geht es also genau um die Bereiche, denen sich die Allianz aus Israel, Dänemark und Österreich widmet.
Trotzdem macht die Kommission gute Miene zum bösen Spiel. Ein Sprecher beteuerte, solche Projekte stünden nicht im Wettbewerb mit den EU-Initiativen, sondern sie könnten sich gegenseitig befruchten: Brüssel würde gerne von den Erfahrungen der drei Staaten lernen.
Unterdessen wächst die Chance, dass die EU künftig ein weiteres Corona-Vakzin im großen Stil einsetzen kann: den russischen Impfstoff Sputnik V. Die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA in Amsterdam teilte am Donnerstag mit, ein schnelles Prüfverfahren eröffnet zu haben. EU-Partner des russischen Herstellers sei die bayerische Firma R-Pharm Germany. Bei dem sogenannten Rolling-Review-Verfahren prüft die EMA bereits Testergebnisse, auch wenn noch nicht alle Resultate vorliegen und kein Zulassungsantrag gestellt wurde. Diese Untersuchungen würden andauern, bis genügend Ergebnisse für solch einen Antrag gesammelt seien, hieß es. Empfiehlt die EMA schließlich eine Zulassung, kann das Mittel in der ganzen EU verwendet werden.
In Ungarn wird das Vakzin schon gespritzt, nachdem die nationale Pharmabehörde eine Notzulassung erteilt hat. Diese gilt jedoch nur in Ungarn. Die Russen behaupteten bereits in den vergangenen Wochen, ebenso eine EMA-Zulassung beantragt zu haben. Dies wies die Amsterdamer Behörde aber bislang stets zurück.
Hohe Wellen schlägt die Reise von Regierungschefin Frederiksen nach Jerusalem in Dänemark. Die Unterstützerparteien der sozialdemokratischen Minderheitsregierung distanzierten sich von der Visite unter Verweis auf die bislang schlechte Impflage in den besetzten Palästinensergebieten. Ein Sprecher der Sozialliberalen sagte, die Dänen sollten "den Palästinensern keine Impfstoffe wegnehmen". Die große liberale Zeitung Politiken sprach von "Impf-Apartheid" in Israel und sagte, Frederiksen solle sich nicht von Israels Premierminister Netanjahu "mit Impfstoffen bestechen lassen".
Der Kopenhagener Gesundheitsökonom Jakob Kjellberg nannte das Trio Dänemark, Österreich, Israel "eine lustige Konstellation", für die es aus wissenschaftlichen Gründen zumindest keinen Grund gebe: Das hohe Tempo Israels bei der Impfung seiner Bevölkerung sei allein ein Ergebnis der Einkaufspolitik der Regierung. In dem Land deshalb einen prädestinierten Produktionsstandort zu sehen, sei "seltsam". Einkauf und Herstellung von Impfstoffen seien zwei völlig verschiedene Dinge.