Coronavirus-Pandemie:Corona-Rückgang gestoppt - BA.5 breitet sich aus

Coronavirus-Pandemie: Ein Corona-Testcenter in Dresden - nicht jeder mit dem Verdacht einer Infektion lässt auch einen PCR-Test machen.

Ein Corona-Testcenter in Dresden - nicht jeder mit dem Verdacht einer Infektion lässt auch einen PCR-Test machen.

(Foto: Sebastian Kahnert/dpa)

Erstmals seit zehn Wochen sinken laut RKI die Fallzahlen nicht mehr. Bund und Länder wollen frühzeitig Vorkehrungen für eine kritischere Lage im Herbst treffen.

Von Kassian Stroh

Nach wie vor veröffentlicht das Robert-Koch-Institut (RKI) jeden Tag die aktuelle Sieben-Tage-Inzidenz, auch wenn dieser Wert derzeit wenig aussagekräftig ist. Am Freitag ist er kräftig gestiegen - von 221 auf 261 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen. Da aber nicht alle Gesundheitsämter konsequent die aktuellen Werte übermitteln, sollten "tagesaktuelle Schwankungen" nicht überbewertet werden, rät das RKI. Der Wochenvergleich sei aussagekräftiger.

Und der liefert nun ein neues Bild: Der stetige Rückgang der Fallzahlen ist zumindest vorerst gestoppt. In der aktuellen Woche stagniert er, wie es im Wochenbericht des RKI heißt, den es am Donnerstagabend veröffentlichte. In der vergangenen Woche (also bis zum 29. Mai) war die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz noch um 37 Prozent gesunken. Ob das allerdings eine echte Trendwende ist, nachdem die Infektionszahlen seit Mitte März zurückgegangen sind, das lässt sich noch nicht sagen. Zumal die Fallzahlen in Wirklichkeit deutlich höher liegen dürften, weil vermutlich viele Infizierte keinen PCR-Test machen lassen - und nur dessen Ergebnisse laufen in die Statistik ein.

Klar ist aber, dass sich auch in Deutschland die Omikron-Sublinie BA.5 zunehmend verbreitet, die etwa in Portugal die Fallzahlen derzeit rasant steigen lässt. Sie machte hierzulande zuletzt etwa 5,2 Prozent der Infektionen aus, wie das RKI anhand von Stichproben errechnet hat - das ist eine Verdoppelung des Anteils binnen einer Woche. Dazu kommt ein auf 0,9 Prozent gestiegener Anteil der Variante BA.4.

Beide Werte beziehen sich allerdings auf die vorvergangene Woche, aktuellere Zahlen hat das RKI nicht. Das Münchner Labor Becker, das auf Subtypen untersucht und in den vergangenen beiden Jahren bereits früh die Ausbreitung neuer Virusvarianten erkannt hat, kommt inzwischen auf einen Anteil von gut 15 Prozent der beiden Omikron-Varianten BA.4 und BA.5.

Experten gehen davon aus, dass sich BA.5 deutlich schneller überträgt und womöglich auch den Impfschutz leichter unterläuft als die bisher zirkulierenden Omikron-Varianten. Ihre Befürchtung: Der im Sommer zu erwartende Rückgang bleibt aus, die Infektionswelle im Herbst wird damit umso höher.

Das ist der Hintergrund, vor dem die Politik weiter darüber debattiert, wie es im Herbst mit den Corona-Schutzmaßnahmen weitergeht. Deren Gesetzesgrundlage läuft am 23. September aus. Und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat sich am Donnerstagabend im ZDF erneut optimistisch gezeigt, dass es auch über diesen Tag hinaus ein Gesetz geben werde, "was uns die Vorbereitungen gibt, die wir brauchen" - er denkt beispielsweise an eine Maskenpflicht. "Ich glaube, dass wir da übereinkommen", sagt Lauterbach. Die Grünen als Koalitionspartner weiß er hinter sich; der andere aber, die FDP, leistet Widerstand.

Sie will generell so wenig Corona-Vorschriften wie möglich. Erst in der vergangenen Woche pochten mehrere führende Liberale darauf, zunächst einmal die vom Bund angestoßene Untersuchung von Experten abzuwarten, wie wirksam welche Maßnahmen gewesen seien. Allerdings gibt es Zweifel daran, dass diese Kommission bis zum 30. Juni, wie festgelegt, fundierte Ergebnisse liefern kann. Zudem will in der kommenden Woche der Corona-Expertenrat der Bundesregierung eine Stellungnahme zum Herbst und Winter vorlegen.

Die Ministerpräsidenten der Länder sind sich nun zumindest mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) einig, dass man frühzeitige Vorkehrungen für eine kritischere Lage im Herbst treffen wolle. Das haben sie bei einem Treffen am Donnerstag vereinbart. Scholz sagte im Anschluss, alle Handlungsmöglichkeiten, die gebraucht würden, sollten zur Verfügung stehen - flächendeckende Schließungen von Schulen und Kitas solle es aber nicht mehr geben. Die Länder-Gesundheitsminister fordern vom Bund seit Längerem, das Infektionsschutzgesetz schon bald zu überarbeiten, um vorbereitet zu sein. Sie haben dafür einstimmig einen Katalog mit möglichen Maßnahmen beschlossen - etwa eine Maskenpflicht in Innenräumen und 2-G- oder 3-G-Zugangsregeln. Ähnliche Forderungen kommen auch aus den Kommunen.

Zur SZ-Startseite

SZ PlusCoronavirus
:Kommt die Herbstwelle schon im Sommer?

Beunruhigende Nachrichten aus Portugal: Die Corona-Infektionszahlen steigen dort wieder deutlich an. Woran das liegt und was es für die Sommermonate in Deutschland bedeuten könnte.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: