Corona in Spanien:Mallorcas Gastronomen rebellieren

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"Es reicht", finden die Demonstranten, die in Palma de Mallorca vor den Sitz der Regierung der Balearen gezogen sind. Vor allem Gastronomen sind über den coronabedingten Shutdown erzürnt. (Foto: Isaac Buj/imago images/Lagencia)

Angesichts des Shutdowns sei die Branche zunehmend verzweifelt, sagt ein Vertreter. Viele halten die neuen Maßnahmen für überzogen. Doch die Krankenhäuser kommen an ihre Grenzen.

Von Karin Janker, Madrid

Sie standen unmittelbar vor den Türen des Parlaments in Palma, und sie waren wütend. Lautstark haben am Dienstag rund 4000 Gastronomen und Unternehmer auf Mallorca ihren Unmut über die Corona-Politik der Regierung gezeigt. Der Protestmarsch war zuvor von den Behörden untersagt worden, doch die Demonstranten ignorierten das Verbot und organisierten Sprechchöre vor dem Parlament sowie Straßensperren wichtiger Verkehrsadern in Palma. Alle sollten es mitbekommen: Sie können und sie wollen nicht mehr.

"Wir warnen seit Monaten vor der wachsenden Gereiztheit und Verzweiflung der Branche", sagte ein Vertreter des Unternehmerverbandes CAEB auf Mallorca der lokalen Zeitung Última Hora. "Man konnte das kommen sehen." Die Gastronomen und Unternehmer wehren sich gegen die neue Verschärfung der Corona-Maßnahmen, die an diesem Mittwoch in Kraft getreten ist. Für zwei Wochen müssen auf den Balearen nun wieder alle Restaurants, Bars, Cafés und Fitnessstudios schließen. Daneben sind private Treffen von Menschen, die nicht im selben Haushalt leben, verboten.

Zusätzlich zu der in ganz Spanien geltenden Maskenpflicht im öffentlichen Bereich hat die Balearen-Regierung Fahrgästen in Bussen und Bahnen außerdem ein Schweigegebot erteilt. In öffentlichen Verkehrsmitteln soll künftig nicht gesprochen werden, um Ansteckungen über die beim Sprechen freigesetzten Aerosole zu vermeiden. "Die Balearen-Regierung schaltet in den Panik-Modus", schrieb die deutschsprachige Mallorca-Zeitung.

Anders sehen das viele Ärzte und Pflegekräfte auf den Inseln. Die Intensivstationen der Krankenhäuser auf den Balearen sind nach Informationen des staatlichen Fernsehsenders RTVE derzeit zu 39 Prozent mit Covid-Patienten belegt. Damit liegt die Region im Bereich einer extrem kritischen Auslastung, die demnach bei 25 Prozent Covid-Patienten beginnt. "Es stehen uns schwierige Wochen bevor", sagte die Gesundheitsministerin der Balearen, Patricia Gómez. Sie hoffe allerdings, dass die neuen Maßnahmen bald Wirkung zeigten.

"Sie riskieren ihre eigenes Leben und das ihres Umfelds"

Die frühere Bürgermeisterin von Palma und Abgeordnete der Balearen Aina Calvo kritisierte die Demonstranten scharf. "Sie riskieren ihr eigenes Leben und das ihres Umfelds", sagte sie am Mittwoch in einem Radiointerview. Calvo begründete auch, warum der Protestzug der Gastronomen eigentlich verboten worden war: Das Recht auf Meinungsfreiheit sei essenziell, so die sozialistische Politikerin, aber man müsse angesichts der Gesundheitsgefahren die richtige Form zu demonstrieren wählen.

Dennoch hat der Protest offenbar Eindruck gemacht: Am Folgetag kündigte die Regierung Soforthilfen für Gastronomen und Unternehmer an. Der Gastronomen-Verband forderte 3000 Euro für jeden Angestellten und 30 000 Euro für jedes Unternehmen. Nur so könne man den Sektor retten.

Lange Zeit sah es so aus, als hätten die Balearen die Pandemie relativ gut im Griff. Doch seit Mitte Dezember wurde die Lage zunehmend besorgniserregend, zeitweise hatten die Balearen die höchsten Infektionszahlen in ganz Spanien. Derzeit liegt die Zahl der Neuinfektionen bei 304 pro 100 000 Einwohnern binnen sieben Tagen.

Warum die Situation derart eskalierte, ist Grundlage diverser Spekulationen in spanischen Medien. So vermutete etwa die Online-Zeitung El Confidencial in Anspielung auf den wachsenden Unmut der Bevölkerung: "Das Fehlen von Regeln brachte den Balearen die zweite Welle - ein Zuviel davon könnte die dritte Welle bringen."

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