Corona:Impfvertrag für viele Bundesbehörden geplatzt

Lesezeit: 2 min

Zehntausende Mitarbeiter im Geschäftsbereich des Innenministeriums von Horst Seehofer (CSU) müssen weiter auf einen vom Arbeitgeber vermittelten Impftermin warten. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Das Bundesinnenministerium wollte eine Bonner Firma mit Impfungen für Zehntausende Beschäftigte beauftragen. Das scheiterte an Vertragsdetails. Jetzt sucht das Ministerium nach Alternativen.

Von Markus Grill, Jennifer Lange und Klaus Ott, Berlin

Die schlechte Nachricht ging an knapp 20 Bundesbehörden, vom Verfassungsschutz bis zum Amt für Bauwesen und Raumordnung. Wegen "nicht akzeptabler Vertragskonditionen", teilte das Bundesinnenministerium am 2. Juni mit, sei man sich mit dem Bonner Unternehmen "BAD Gesundheitsvorsorge" nicht einig geworden über Corona-Schutzimpfungen. Man suche nach einer "neuen Lösung", um den betroffenen Behörden Impfungen anbieten zu können. Unterlagen des Ministeriums zufolge, die der Süddeutschen Zeitung, NDR und WDR vorliegen, geht es um 70 000 Impfungen. Das sollte eigentlich über das Unternehmen BAD so laufen wie bei privaten Firmen, in denen Betriebsärzte gegen Covid-19 impfen: Der Arbeitgeber vermittelt Impftermine.

Die Bonner BAD GmbH kümmert sich um den Gesundheitsschutz in privaten Firmen wie auch in Behörden und betreut nach eigenen Angaben in Europa 280 000 Betriebe mit vier Millionen Beschäftigten. Das Unternehmen bezeichnet sich selbst als größten Dienstleister im Arbeits- und Gesundheitsschutz in Deutschland. Inhaber ist der Berufsgenossenschaftliche Arbeitsmedizinische und Sicherheitstechnische Dienst e. V.

SZ PlusCovid-Impfung
:Eine Spritze nützt nur wenig

Für einen umfassenden Impfschutz gegen die Mutanten des Coronavirus ist beim Biontech-Vakzin die zweite Impfung essenziell, zeigt eine Laborstudie aus London. Manche Menschen bauen aber auch gar keinen Schutz auf.

Von Christina Berndt

Der geplatzte Vertrag könnte zur Folge haben, dass zumindest im Geschäftsbereich des Bundesinnenministeriums Zehntausende Beschäftigte noch länger auf einen vom Arbeitgeber vermittelten Impftermin warten müssen. Aus dem Kreise der betroffenen Behörden heißt es, bislang gebe es vom Ministerium keine neue Nachricht; man warte also noch auf Impfangebote für die eigenen Beschäftigten. Das Innenministerium hatte in seinem Rundschreiben vom 2. Juni mitgeteilt, man suche zusammen mit dem eigenen Beschaffungsamt und dem Bundesgesundheitsministerium nach Alternativen zur Firma BAD. Bis dahin bliebe die Möglichkeit, sich an die Impfzentren oder die Hausärzte zu wenden.

"Sobald uns neuere Informationen bezüglich der betriebsärztlichen Impfungen vorliegen, kommen wir auf Sie zu", ließ das Referat Z12 des Innenministeriums die angeschlossenen Behörden wissen. Betroffen sind unter anderem das Statistische Bundesamt, die Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung, das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe sowie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die Beschäftigten in diesen und weiteren Behörden hatten, unter bestimmten Voraussetzungen, eigentlich vom diesem Montag (7. Juni) an durch vom Arbeitgeber vermittelte Ärzte geimpft werden sollen.

Der Vertrag scheiterte an den Stornierungskosten

Das geht aus dem Protokoll einer Besprechung vom 25. Mai hervor. Bei diesem Termin hatten Vertreter des Bundes das weitere Vorgehen besprochen. Von Seiten des Gesundheitsministeriums hieß es damals, dass "ausreichend Impfstoff vorhanden" sei. So steht es in einem Vermerk des Innenministeriums. Darin heißt es, die Impfungen sollten "bundesweit" an den Standorten der Firma BAD vorgenommen werden. Die Kosten würden sich auf 36 Euro pro Impfung belaufen; für Erst- und Zweitimpfung also zusammen 72 Euro.

Der Vermerk besagt auch, woran der geplante Vertrag zwischen Ministerium und BAD gescheitert sei. Es ging um die Stornierungskosten, die anfallen würden, sollten die Behörden von der BAD GmbH angebotene Impftermine nicht wahrnehmen können. Die BAD GmbH hätte angeblich einseitig Impftermine festsetzen können, die "kostenpflichtig" geworden wären. Die bei Nachverhandlungen zugestandene Frist von einer Stunde zur kostenfreien Absage sei nicht diskutabel gewesen, besagt der Vermerk. "Das Angebot war somit abzulehnen." Das "haushalterische Risiko", also das finanzielle Risiko wäre "unvertretbar" gewesen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

MeinungCorona-Politik
:Wo Spahn ist, ist das Chaos

Der Gesundheitsminister arbeitet nicht solide genug. Er hat nicht alles zu verantworten, was schieflief in der Pandemie - aber zu viel.

Kommentar von Angelika Slavik

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: