Süddeutsche Zeitung

Coronavirus:Impfungen in Arztpraxen starten im April

Näheres soll die Bundeskanzlerin mit den Länderchefs klären. Die Impfzentren sollen aber bestehen bleiben.

Von Rainer Stadler

Zweieinhalb Monate dauert die Impfkampagne in Deutschland bereits an - doch nur 6,7 Prozent der Deutschen haben bisher wenigstens eine Dosis erhalten, und 3,1 Prozent sind vollständig immunisiert. Dieser Anteil soll nun rasch steigen. Die Mitglieder der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) einigten sich am Mittwochabend auf die Empfehlung, die niedergelassenen Ärzte spätestens von Mitte April an für die Impfkampagne heranzuziehen. Den genauen Termin werde Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten zeitnah festsetzen, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert mit. Die gut 400 Impfzentren in Deutschland bleiben weiter bestehen.

"Künftig steht unsere Impfstrategie auf zwei Säulen: Wir binden ab April die Hausärzte ein, und wir halten an der bewährten Struktur der Impfzentren fest", sagte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek, derzeitiger Vorsitzender der GMK. "Damit haben wir ein starkes Impfgerüst." Den Impfstoff sollen die Ärzte über die Apotheken erhalten. Für den April, kündigt Holetschek an, würden den Impfzentren 2,25 Millionen Dosen pro Woche zur Verfügung gestellt. Der übrige Impfstoff werde an die Arztpraxen verteilt.

Wie viele Dosen das genau sein werden, steht noch nicht fest. Regierungssprecher Seibert sagte, dass die Zahl der gelieferten Impfdosen im zweiten Quartal deutlich steigen werde, im April auf fünf Millionen Dosen in der Woche. Im Juni könnten auch zehn Millionen erreicht werden. Das wäre mehr als die Menge, die seit Start der Impfkampagne Ende Dezember in Deutschland verimpft wurde, laut Robert-Koch-Institut bisher 8,2 Millionen Dosen.

"Sobald der Impfstoff in Strömen fließt"

Einige Experten hatten im Vorfeld vor der allzu schnellen Einführung der Impfung in Praxen gewarnt. Thomas Mertens etwa, der Chef der Ständigen Impfkommission, sagte, dass es für Hausärzte schwieriger ist, die Priorisierung besonders gefährdeter Menschen einzuhalten. Die Sorge gründet auf dem Umstand, dass die bisher auf dem Markt befindlichen Impfstoffe nicht beliebig lang haltbar sind. Nach Öffnung der Ampulle müssen, je nach Wirkstoff, fünf bis zehn Dosen zügig verimpft werden. Wer garantiert, dass dann gerade genug priorisierte Menschen im Wartezimmer sitzen? Wenn nicht, dann kommen andere zum Zug, die vielleicht noch nicht an der Reihe wären. Im schlechtesten Fall landet übrig gebliebener Impfstoff im Mülleimer - was fatal ist, solange es noch zu wenig Mittel gibt, um die Bevölkerung zu versorgen.

Für die Hausärzte spricht, dass ihnen gerade ältere Patienten vertrauen und die Praxis meist leichter zu erreichen ist als das nächste Impfzentrum. Mit Unterstützung der Ärzte, hofft Gesundheitsminister Holetschek, sei "unser System voll einsatzbereit, sobald der Impfstoff in großen Strömen fließt".

Ursula von der Leyen, die Chefin der EU-Kommission, teilte am Mittwoch mit, die Hersteller Biontech und Pfizer hätten den Ländern der Europäischen Union weitere vier Millionen Dosen Impfstoff in den kommenden zwei Wochen zugesagt. Das Paket sei ausgehandelt worden, um insbesondere in den Corona-Hotspots zu impfen und die neuen Mutationen besser bekämpfen zu können.

Deutschland wird von dem Kontingent voraussichtlich 740 000 Dosen erhalten. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte, damit könnten 150 000 Dosen zusätzlich in die Regionen an der Grenze zu Tschechien geliefert werden, die von der britischen Virusmutation besonders stark betroffen sind.

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