Süddeutsche Zeitung

Corona-Impfungen:Französische Langsamkeit

Der Impfstoff wird in Frankreich bisher kaum verabreicht. Die Regierung behauptet, das sei so gewollt. Stimmt das?

Von Leo Klimm

Wegen eines äußerst schleppenden Corona-Impfstarts gerät Frankreichs Regierung unter Druck. Politiker aller Lager sowie namhafte Mediziner kritisierten am Mittwoch, die Impfung mit dem Corona-Abwehrstoff der Firmen Biontech und Pfizer werde nicht entschlossen genug vorangetrieben. "Wir müssen schneller sein, um Leben zu retten", sagte der Chef der konservativen Partei UDI, Jean-Christophe Lagarde.

In den ersten drei Tagen erhielten in Frankreich weniger als 100 Personen den Impfstoff, obwohl die Hersteller schon 500 000 Dosen an das Land geliefert haben. In Deutschland wurden im gleichen Zeitraum 42 000 Menschen geimpft.

"Diese Abweichung zum Start ist gewollt", verteidigte sich Gesundheitsminister Olivier Véran. "Wir haben uns für eine progressive Steigerung entschieden, weil wir uns einer sehr skeptischen Bevölkerung gegenübersehen." In der Tat zeigen sich die Franzosen im internationalen Vergleich besonders zurückhaltend gegenüber der Corona-Impfung: Nur 40 Prozent wollen sie haben, ergab eine Umfrage im Auftrag des Weltwirtschaftsforums diese Woche; in Deutschland liegt der Wert bei 65 Prozent.

Die Ausgangssperre in einigen Regionen soll schon ab 18 Uhr gelten

Jenseits der Skepsis, mit der die Regierung ihre Langsamkeit begründet, gibt es allerdings auch Schwierigkeiten bei der Auslieferung des Impfstoffs: Die sichere Verteilung der Dosen an Pflegeheime - wo auch in Frankreich zuerst geimpft wird - stelle die Behörden vor logistische Probleme, räumte der Regierungsbeauftragte für die Impfkampagne, Alain Fischer, im Radio France Info ein. Offizielles Ziel ist es, bis Ende Februar eine Million Menschen zu impfen.

Unterdessen plant Minister Véran, in manchen Regionen die nächtliche Ausgangssperre vom 2. Januar an von 20 Uhr auf 18 Uhr vorzuziehen. Davon betroffen sind Gebiete im Osten Frankreichs und im Südosten, etwa Nizza. Dort liegt die Rate der täglichen Ansteckungen über dem kritischen Wert von 200 je 100 000 Einwohner.

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