Impfquote:Überzeugen Sie sich selbst!

Corona-Impfung bei einem Jugendlichen

Zwischen 85 und 90 Prozent müsste die Impfquote liegen. Davon ist Deutschland weit entfernt.

(Foto: Axel Heimken/picture alliance/dpa)

Wie Menschen fürs Impfen gewonnen werden konnten - zwei sehr verschiedene Beispiele.

Von Hanno Charisius

Impfen schützt. Nicht nur die geimpfte Person, sondern auch alle Menschen, mit denen der oder die Geimpfte Kontakt hat. Um das Virus im Zaum zu halten, muss die Impfquote in Deutschland zwischen 85 und 90 Prozent liegen, je nach Altersgruppe, so hat es das Robert-Koch-Institut im vergangenen Sommer ausgerechnet. Klar ist: je höher, desto besser.

Als das Virus vor zwei Jahren seinen globalen Seuchenzug startete, gingen Fachleute noch davon aus, dass sich zwischen 60 und 70 Prozent der Bevölkerung infizieren oder durch eine Impfung geschützt werden müssten, um die Ausbreitung zu stoppen. Wenn erst einmal genügend Menschen immun wären gegen den Erreger, könne der nicht mehr genügend Ungeschützte finden und würde schließlich verschwinden. Das war damals der optimistischste Ausblick auf eine Zukunft ohne Sars-CoV-2. Seither hat sich jedoch gezeigt, dass man sich mehrmals mit dem Virus infizieren kann und dass auch die bisherigen Impfungen keinen vollkommenen Schutz vor einer Infektion bieten, also auch Geimpfte das Virus weitertragen können - wenn auch in reduziertem Maße. Außerdem hat sich das Virus verändert, es wurde noch infektiöser und schraubte deshalb den Schwellenwert zu einer Gemeinschaftsimmunität immer weiter in die Höhe.

Zweifach geimpft und damit bereits recht gut vor schweren Covid-Verläufen geschützt, sind bislang knapp 70 Prozent der Bevölkerung in Deutschland, den besseren Dreifachschutz hat bislang gut die Hälfte. Es klafft noch immer eine enorme Impflücke. Viele Kinder sind noch ungeimpft, für die Kleinsten gibt es allerdings noch keine zugelassenen Impfstoffe. Aber auch einige Millionen Menschen im Alter von über 60 Jahren sind nicht oder erst einmal geimpft. Zwar führt die Omikron-Variante nach bisherigen Daten nicht so häufig zu schweren Krankheitsverläufen, die im Krankenhaus behandelt werden müssen, wie die Delta-Variante, doch die Zahl der Neuaufnahmen steigt bereits wieder an.

Dass diese Lücke in der gemeinschaftlichen Immunabwehr besser durch Impfungen als durch Infektion mit dem Virus geschlossen werden sollte, ist unter Fachleuten unstrittig. Wenn man dem Virus diese Arbeit überlässt, ist der Schaden enorm. In Südafrika, das mit einer Impfquote von etwas über 50 Prozent im Mittelfeld der globalen Impfstatistik liegt und mit vielen vormals Infizierten schnell und vergleichsweise problemlos durch die Omikron-Welle kam, sind in früheren Infektionswellen sehr viele Menschen durch das Virus gestorben.

Ob es eine Impfpflicht braucht, um die Immunitätslücke in Deutschland zu schließen, ist aber keine wissenschaftliche Frage, die sich mit Daten aus den verschiedenen Forschungsgebieten zur Pandemie beantworten ließe. Wie eine hinreichende Impfquote erreicht wird, das haben Expertinnen und Experten aus der Virologie, der Medizin, der Soziologie, Psychologie und Ethik bereits hundertfach betont, ist eine politische Entscheidung.

Viele Wege führen dahin. Das zeigt der Blick in andere Länder, die Quoten im 90-Prozent-Bereich haben ohne staatlich verordnete Impfpflicht, wie etwa Spanien. Allem Anschein nach ist dort der Solidaritätsgedanke tiefer in der Gesellschaft verankert als in Deutschland, jedenfalls musste wenig Überzeugungsarbeit geleistet werden. Dass man aber genau dadurch viele Menschen erreichen kann, zeigt nicht zuletzt das kleine Bundesland Bremen. Dort fing man nicht nur früh an, fürs Impfen zu werben, sondern hatte dabei gerade auch Bevölkerungsgruppen im Blick, die man mit Gesundheitsaufklärung oft kaum erreicht.

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