Wenn der Eindruck entsteht, dass "die da oben" sich nicht an Regeln halten, die für alle gelten, dann sind "die da oben" in Erklärungsnot. Genau das ist nun Boris Johnson passiert. Wie es aussieht, hat der wichtigste Berater des britischen Premierministers gegen die Richtlinien der Regierung zum Coronavirus verstoßen. Dominic Cummings ist während des Lockdowns mindestens einmal mit dem Auto von London zu seinen Eltern nach Nordengland gefahren. Das wäre nur aus unausweichlichen Gründen erlaubt gewesen - die im Fall Cummings allerdings nicht klar zu erkennen sind.

Politiker in der Corona-Krise:Mit schlechtem Beispiel voran
Weltweit soll die Bevölkerung weitgehende Vorschriften befolgen, um die Ausbreitung des Coronavirus zu bremsen. Manche Politikerinnen und Politiker aber geben so gar kein gutes Vorbild ab. Jetzt hat es auch Österreichs Präsident Alexander Van der Bellen erwischt. Ein Überblick.
Der Premierminister bestritt zwar eine Regelverletzung, doch der Vertrauensverlust der Bürger in die Regierung ist erheblich. Während sich die große Mehrheit der Briten an die Vorschriften hält, scheinen für Johnsons Helfer die Grenzen des Gesetzes dehnbar zu sein. Die Regierung erweckt den Anschein, die eigenen Regeln nicht ernst zu nehmen. Das ist verheerend für Johnson, der in der Corona-Krise ohnehin überfordert wirkt. Fest steht nämlich: In keinem europäischen Land sind bislang mehr Menschen an Covid-19 gestorben als in Großbritannien.
Die Entschlossenheit, mit der Johnson seinen Vertrauten Cummings am Sonntag verteidigte, hätten sich wohl viele Briten im Kampf gegen die Pandemie gewünscht.