Corona-Beschlüsse:Das sind die Knackpunkte bei den Bund-Länder-Beratungen

Coronavirus: Werbeschild während des Lockdowns in Deutschland

Dass der Lockdown weitergeht, gilt als sicher. Die Frage ist nur, wie genau er aussehen wird.

(Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa)

Wird das Beherbergungsverbot für Urlauber gekippt? Gibt es wieder nächtliche Ausgangsbeschränkungen? Und kommt eine scharfe Testpflicht für Schulen? Darum geht es bei den Verhandlungen der Kanzlerin mit den Länderchefs.

Von Juri Auel

An diesem Montag berät Kanzlerin Angela Merkel erneut mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder über den Fortgang der Corona-Maßnahmen. Nach den ersten vorsichtigen Lockerungen in der Pandemie ist die Zahl der Corona-Patienten auf Deutschlands Intensivstationen wieder angestiegen. Angesichts dieser Entwicklung zeichnet sich, wenn es nach dem Kanzleramt geht, grundsätzlich eine Verlängerung des Lockdowns bis zum 18. April ab - doch die Frage ist, welche Regeln im Einzelnen bleiben, gelockert oder gar verschärft werden.

Bei den Verhandlungen sind wie immer weitreichende Änderungen an den zuvor zirkulierenden Beschlussideen möglich. Am 12. April sollen Bund und Länder dem Plan des Kanzleramts nach erneut zusammenkommen. Bei diesen Punkten dürfte es bei den Verhandlungen an diesem Montag besonders interessant werden.

Verlängerung des Lockdowns

Das Kanzleramt strebt an, den Lockdown an sich bis mindestens zum 18. April zu verlängern. Zudem müsse die Anfang März beschlossene Notbremsregelung "konsequent umgesetzt werden", heißt es im Beschlussentwurf des Bundes, welcher der SZ vorliegt. Heißt im Klartext: Öffnungsschritte wie Termin-Shopping im Einzelhandel sollten zurückgenommen werden, wenn "die Sieben-Tage-Inzidenz pro 100 000 Einwohner an drei aufeinander folgenden Tagen in dem Land oder der Region auf über 100" steigt. Nachzulesen sind die Beschlüsse von Anfang März auf dieser Seite der Bundesregierung. Informationen der Deutschen Presse-Agentur (dpa) zufolge haben auch die Länder am Montagnachmittag einer Verlängerung des Lockdowns bis zum 18. April zugestimmt.

Betont wird nun, dass zusätzliche Öffnungen bei exponentiellem Wachstum der Infektionszahlen auch unterhalb einer Inzidenzschwelle von 100 ausscheiden sollten. Eine Passage des Entwurfs, über die noch heftig gestritten werden dürfte, sieht weitere Verschärfungen für Landkreise mit mehr als 100 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen einer Woche vor. Die Zahl der Landkreise, die dadurch betroffen wären, steigt. Besonders interessant dürfte der Punkt auch werden, da das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen die Beschränkungen für den Einzelhandel dort erst am Montagvormittag vorläufig außer Vollzug gesetzt hat. Die Beschränkungen seien mit den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht vereinbar, hieß es als Begründung. Die Landesregierung hat daraufhin die Auflagen für Schreibwarengeschäfte, Buchhandlungen und Gartenmärkte verschärft. Auch für sie gilt künftig - wie zuvor bereits für Modehändler oder Elektronikmärkte - die Pflicht zur Terminvereinbarung und eine Personenbegrenzung von je einem Kunden je 40 Quadratmeter Verkaufsfläche, wie das NRW-Gesundheitsministerium mitteilte.

Anders als im Lockdown über Ostern im vergangenen Jahr sollten Verwandtenbesuche in diesem Jahr möglich sein, hieß es am Mittag in einer aktualisierten Version der Beschlussvorlage. Das besonnene Verhalten der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland während der Weihnachtstage habe eindrucksvoll gezeigt, wie Familienzusammenkünfte sicher gestaltet werden könnten. Die genaue Formulierung lautet: "Daher werden die Länder vom 2. April bis zum 5. April 2021 - als Ausnahme von den sonst geltenden Kontaktbeschränkungen - Treffen mit 4 über den eigenen Hausstand hinausgehenden Personen zuzüglich Kindern im Alter bis 14 Jahre aus dem engsten Familienkreis, also Ehegatten, Lebenspartnern und Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft sowie Verwandten in gerader Linie, Geschwistern, Geschwisterkindern und deren jeweiligen Haushaltsangehörigen zulassen, auch wenn dies mehr als zwei Hausstände oder 5 Personen über 14 Jahren bedeutet."

Tourismus

Mallorca gilt nicht mehr als Risikogebiet, das Reisen dorthin, beziehungsweise die Heimreise, ist aus diesem Grund für Urlauber einfacher geworden. Gleichzeitig bleiben deutsche Hotels und Ferienwohnungen aufgrund des Beherbergungsverbots für Touristen aber weitestgehend leer. Das stößt bei manchen auf Unverständnis. Man werde in der Bund-Länder-Runde besprechen müssen, ob die Entscheidung, Mallorca nicht mehr als Risikogebiet einzustufen, "in Stein gehauen" sei, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) vor den Beratungen und sprach von Urlaub als Selbstversorgung. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sagte: "Ich kann nicht nachvollziehen, weshalb die Bundesregierung einen Urlaub auf Mallorca für sicherer hält als ein Osterwochenende mit Testpflicht in einer Ferienwohnung an Nord- oder Ostsee." Klar sei jedoch, man müsse angesichts bundesweit steigender Infektionszahlen weiter vorsichtig und achtsam sein. Auch Mecklenburg-Vorpommern fordert ein solches Konzept. Die Regierung in Sachsen-Anhalt plant, den Bürgerinnen und Bürgern über Ostern Urlaub im eigenen Bundesland zu ermöglichen.

Wenn es nach dem Kanzleramt geht, soll weiter von "nicht zwingend notwendigen Reisen im Inland und auch ins Ausland" abgeraten werden - auch an Ostern. Noch völlig offen ist demnach, ob es künftig für alle Reisenden aus dem Ausland unabhängig von dortigen Inzidenzen eine Quarantäne- und eine Testpflicht geben soll.

Schulen und Kitas

Bei den bisherigen Runden hat sich gezeigt, dass sich die Länder nur ungern von Berlin in ihre Kompetenzen reinreden lassen, wenn es um die Frage geht, wie mit Schulen und Kitas zu verfahren ist. Insofern dürfte über die jetzigen Vorschläge des Kanzleramts zu dem Thema auch wieder leidenschaftlich debattiert werden. Denn der Bund bringt ins Gespräch, Schulen und Kitas zu schließen beziehungsweise gar nicht zu öffnen, sofern Erzieher, Lehrer und Schüler oder betreute Kinder nicht zweimal pro Woche getestet werden könnten. Ab einer Inzidenz von 200 könnte es demnach eine Schließung von Schulen und Kitas geben.

Kontaktbeschränkungen

Für Landkreise mit einer Inzidenz mit mehr als 100 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen einer Woche bringt der Bund weitere Verschärfungen der Kontaktbeschränkungen ins Gespräch. Unter anderem ist im Entwurf aus Berlin die Rede von einer nächtlichen Ausgangsbeschränkung bis 5.00 Uhr, "sofern dem nicht gewichtige Gründe entgegenstehen". Die Anfangsuhrzeit ist in dem Entwurfspapier noch offen gelassen. Als Alternative werden mittlerweile auf Druck der Länder hin "verschärfte Kontaktbeschränkungen" genannt.

Testpflicht für Unternehmen

Kanzlerin und Ministerpräsidenten müssen auch klären, ob sie die Auflagen für Unternehmen zur Testung ihrer Mitarbeiter in Betrieben verschärfen. Anfang März hatte es nur den Appell dazu gegeben. Thüringens Ministerpräsident Ramelow sagte nun, er wäre froh, "wenn die ganzen Unternehmen mitmachen". Im Papier des Kanzleramts werden die Firmen deutlicher als Anfang März ermahnt, selbst einen Beitrag zur Pandemie-Bekämpfung zu leisten. "Angesichts der steigenden Infektionszahlen ist eine zügige Umsetzung der Testangebote in allen Unternehmen in Deutschland notwendig. Die Tests sollen den Mitarbeitern mindestens einmal und bei entsprechender Verfügbarkeit zwei Mal pro Woche angeboten werden", heißt es in dem Entwurf. Anfang April solle eine Bilanz gezogen werden, wie die freiwillige Selbstverpflichtung der Wirtschaft umgesetzt wird.

Lockerungen in Modellprojekten

Ein Passus des Entwurfs des Kanzleramts soll vermutlich denjenigen eine Perspektive geben, die trotz der steigenden Fallzahlen auf Lockerungen drängen. Im Rahmen von zeitlich befristeten Modellprojekten, heißt es dort, sollen die Länder in je einer Region mit einer niedrigen Inzidenz testen können, wie unter strengen Auflagen und mit einem Testkonzept einzelne Bereiche des öffentlichen Lebens wieder geöffnet werden könnten. "Zentrale Bedingungen dabei sind lückenlose negative Testergebnisse als Zugangskriterium, IT-gestützte Prozesse zur Kontaktverfolgung und gegebenenfalls auch zum Testnachweis, räumliche Abgrenzbarkeit auf der kommunalen Ebene, eine enge Rückkopplung an den Öffentlichen Gesundheitsdienst und klare Abbruchkriterien im Misserfolgsfalle", heißt es weiter.

Neue Funktion für Corona-Warnapp

Bei diesem Punkt werden keine Streitigkeiten erwartet. Die App soll im April um weitere Funktionen erweitert werden, unter anderem um eine anonyme "Eventregistrierung". Damit sollen sich Nutzer bei einer Veranstaltung wie einer privaten Geburtstagsfeier oder im Restaurant digital einchecken können. Bei einem positiven Corona-Fall sollen im Anschluss an die Veranstaltung alle Teilnehmer gewarnt werden.

Mit Material der Agenturen dpa und Reuters

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