Süddeutsche Zeitung

Corona-Pandemie:Forscherinnen und Forscher fordern europäische Strategie

Kopf der Initiative Hunderter renommierter Wissenschaftler ist die deutsche Physikerin Viola Priesemann. Ihr Ziel: Die Fallzahlen gemeinsam zu drücken.

Hunderte europäische Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen argumentieren im Fachmagazin The Lancet für ein gesamteuropäisches Vorgehen zur Eindämmung der Corona-Pandemie. "Wenn die europäischen Regierungen jetzt nicht handeln, sind weitere Infektionswellen zu erwarten, mit Folgeschäden für Gesundheit, Gesellschaft, Arbeitsplätze und Unternehmen", heißt es in dem Papier, das auf Initiative der deutschen Physikerin Viola Priesemann zustande kam.

Ein gemeinsames Handeln und eine Verständigung auf einheitliche Ziele zwischen den Staaten sei notwendig. Bei offenen Grenzen könne kein einzelnes Land die Zahl der Covid-19-Erkrankungen gering halten. Laut der Forschergruppe werden Impfstoffe zwar helfen, das Virus zu kontrollieren. Aber nicht vor Ende des kommenden Jahres. Das Hauptziel sollte nach ihrer Einschätzung sein, Fallzahlen zu drücken und niedrig zu halten.

Die Strategie der Initiative baut auf drei Säulen:

  • Niedrige Fallzahlen erreichen
  • Fallzahlen auf niedrigem Niveau halten
  • Eine langfristige gemeinsame Vision entwickeln

Konkret nennen die Autoren und Autorinnen die Zahl von zehn Neuinfektionen pro einer Million Einwohner pro Tag als Zielmarke, die bereits im Frühjahr erreichbar sein könnte. Starke Einschränkungen, also Lockdown-Maßnahmen, hätten sich dafür als effizient erwiesen. Um "Ping-Pong-Effekte", also das wiederholte Einschleppen des Erregers, zu vermeiden, sollten alle Maßnahmen unter den Europäischen Staaten koordiniert ablaufen.

Wenn die Fallzahlen dann niedriger seien, empfehlen die Forscherinnen und Forscher, zu denen auch die deutschen Virologinnen Sandra Ciesek und Melanie Brinkmann, Virologe Christian Drosten und RKI-Präsident Lothar Wieler gehören, eine Lockerung der Restriktionen, bei strenger Beobachtung der Zahlen. Die AHA-Regeln und die Nachverfolgung von Kontakten sollten beibehalten werden. Auch das Testen wollen die Wissenschaftler zur Überwachung des Infektionsgeschehens bei niedrigeren Fallzahlen beibehalten: mindestens 300 pro eine Millionen Menschen sollten europaweit täglich getestet werden. Schnelle lokale Lockdowns, könnten von Hotspots ausgehende Verbreitung verhindern.

Auch die Kommunikation sei ein entscheidender Baustein der Strategie. Wenn die wirtschaftlichen und sozialen Vorteile geringer Fallzahlen breit bekannt seien, werde das die gesellschaftliche Kooperation fördern. Es ist ein eindringlicher Apell, der aber auch einen positiven Ausblick bietet: "Die Kontrolle von COVID-19 wird einfacher werden."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5153123
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/munz
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.