Süddeutsche Zeitung

Streit um Großkonzert:"Die Veranstalter haben mit ihrem Hygiene-Konzept alle Bedingungen erfüllt"

Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel verteidigt die Genehmigung des geplanten Großkonzerts mit Bryan Adams, Sarah Connor und anderen. Er sieht seine Stadt als Spielball im Kampf ums Kanzleramt.

Von Christian Wernicke, Düsseldorf

Erstaunlich gelassen wirkt der Mann im Rathaus. Die halbe Republik empört sich über die Entscheidung seiner Stadtverwaltung, ein für den 4. September geplantes Freiluftkonzert mit 13 000 Zuschauern zu erlauben. Thomas Geisel scheint's egal zu sein.

Dem Oberbürgermeister der NRW-Landeshauptstadt ringt es ein leises Lachen ab, wie der Bayer Markus Söder (CSU) über ihn schimpft: "Eine katastrophale Signalwirkung" hatte der Ministerpräsident von der Isar da oben am Rhein erkannt. Und der Sozialdemokrat grinst, da er vernimmt, wie Söders Kollege und Politkonkurrent Armin Laschet (CDU) im Gleichklang beklagt, Düsseldorf habe "kein gutes Signal" ausgesandt. Was also sind Geisels Argumente für Rock und Pop unter Corona?

Geisel greift im SZ-Interview Söders Worte auf. Und verweist auf den Rechtsstaat: "Eine katastrophale Signalwirkung wäre es nur gewesen, wenn meine Verwaltung sich nicht an Recht und Gesetz gehalten hätte", sagt der Jurist. Geisel verweist auf die nordrhein-westfälische Corona-Schutzverordnung. "Die Veranstalter des Konzerts haben mit ihrem Hygienekonzept alle Bedingungen erfüllt, die diese einschlägigen Regeln verlangen. Oder sogar übererfüllt!"

Der OB zählt auf, was Konzertveranstalter Marek Lieberberg dem Düsseldorfer Gesundheitsamt alles aufgeschrieben hat: "Es gilt das Abstandsgebot, es gilt die Pflicht, den ganzen Abend einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen", referiert der 56-Jährige. Alkohol bleibe verboten in der Arena, Speisen dürften nur am Platz und auf Bestellung gereicht werden, wenn Anfang September Bryan Adams, Sarah Connor und Co. aufspielten. "Und jeder Besucher hat seinen festen Sitzplatz", fügt Geisel hinzu, "wir könnten Infektionsketten also genau nachverfolgen."

Sarah Connor - "nichts zum Schunkeln"

Was aber, wenn sich die Zuschauer nicht an die Regeln halten? Was, wenn sie der rheinischen Neigung zum Schunkeln nachgeben? Geisel winkt ab: Sarah Connor sei seines Wissens eh "nichts zum Schunkeln". Und überhaupt: "Die Ordner sind angewiesen, sofort einzuschreiten, wenn die Verpflichtungen nicht eingehalten werden. Notfalls wird das Konzert unterbrochen."

Nein, Geisel vermutet andere Motive hinter dem Streit: "Ich wundere mich, wie heutzutage alles politisiert wird." Geisel sieht seine Stadt im Schatten großer Politik, als Spielball im Kampf ums Kanzleramt. Er verweist auf "den politischen Profilierungs-Wettbewerb zwischen Herrn Söder und Herrn Laschet". Darum gehe es in Wahrheit zwischen seinen Kritikern, nicht um die Auslegung der Corona-Regeln.

Geisel empört, dass die Paragrafen der NRW-Landesregierung erst den Kommunen heikle Genehmigungen aufgebürdet hätten - "aber wenn es politisch opportun erscheint, dann heißt es plötzlich, wir könnten das nicht entscheiden". Regierungschef Laschet wolle offenbar "eine Lizenz zum Meckern". So aber könne man mit seiner Stadt Düsseldorf nicht umspringen, sagt Geisel: "Das ist Politik nach dem Motto, Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass."

Wie nun weiter? Geisel argwöhnt, Laschet wolle Härte zeigen. Und per Kommunalaufsicht das Konzert verbieten. Dagegen würde Veranstalter Lieberberg wohl klagen. Geisel, Jurist mit zweitem Staatsexamen, hat den Kern des Rechtsstreits ausgemacht. NRWs Corona-Regeln erlauben unter Auflagen zwar Konzerte - aber sie verbieten "Festivals". Geisel schmunzelt wieder: "Eine Veranstaltung an nur einem Abend und mit festen Sitzplätzen - das ist kein Festival!"

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SZ vom 12.08.2020/gal
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