Süddeutsche Zeitung

Corona:Vier Bundesländer wollen das Ende der Isolationspflicht

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Stattdessen sollte das "Modell Österreich" eingeführt werden, wünschen sich die Gesundheitsminister von Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Schleswig-Holstein. Dabei greift eine zehntägige "Verkehrsbeschränkung" statt der Isolation.

Von Andreas Glas, München

Im Angesicht einer möglichen Corona-Herbstwelle verlangen Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Schleswig-Holstein, die Isolationspflicht bis spätestens 10. Oktober neu zu bewerten - und bestenfalls abzuschaffen. Derzeit gilt die Regel, dass sich Infizierte mindestens fünf Tage lang häuslich isolieren müssen, selbst dann, wenn sie keine Krankheitssymptome haben. In einem gemeinsamen Schreiben an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, werben die vier Länder nun für ein Modell wie in Österreich, das die Pflicht zur Isolation bereits im vergangenen August abgeschafft und durch eine zehntägige "Verkehrsbeschränkung" ersetzt hat. Lauterbach wies diesen Vorstoß am Dienstag umgehend zurück. "An die Corona-Isolationspflicht werden wir nicht herangehen", sagte er. Angesichts momentan steigender Fallzahlen wolle man "nicht noch Öl ins Feuer gießen" und das Risiko erhöhen, dass es in Betrieben oder bei Zusammenkünften zu Infektionen komme.

Die österreichischen Regeln, für die sich der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU), seine Amtskollegen aus Hessen und Baden-Württemberg, Kai Klose und Manfred Lucha (beide Grüne), sowie die schleswig-holsteinische Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken (CDU) stark machen, sehen vor, dass sich Menschen mit positivem Corona-Testergebnis in öffentlichen Räumen bewegen dürfen, wenn sie eine FFP2-Maske tragen - auch am Arbeitsplatz. Außerdem gilt für Infizierte ein Betretungsverbot etwa in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, Kindergärten oder Schulen. Nach fünf Tagen ist es möglich, sich mit einem negativen PCR-Test aus der "Verkehrsbeschränkung" frei zu testen.

"Das Ende der Isolationspflicht hat in Österreich zu keinem relevanten Anstieg der gemeldeten Fälle geführt", heißt es in dem Schreiben der Länderminister an Lauterbach. Man sehe daher "die dringende Notwendigkeit einer Neubewertung der Erforderlichkeit und Dauer der Isolation" von Corona-Infizierten.

Die Minister verweisen auf die "hohe Basisimmunität in der Bevölkerung"

Das österreichische Gesundheitsministerium hatte das Ende der Isolationspflicht mit den psychischen und sozialen Folgen der Corona-Pandemie begründet. Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Schleswig-Holstein argumentieren in ihrem Schreiben damit, dass inzwischen eine "hohe Basisimmunität in der Bevölkerung bestehe". Das Verhalten der Menschen könne nun "stärker in die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger gegeben werden". Nichtsdestotrotz sprechen sich auch die vier Länderministerien dafür aus, Infizierten mit Symptomen weiterhin zu empfehlen, daheim zu bleiben.

"Ich erwarte mir, dass sich das RKI noch einmal eindeutig positioniert", sagte Bayerns Gesundheitsminister Holetschek am Dienstag auf SZ-Nachfrage. Er wundere sich, dass RKI-Chef Lothar Wieler "nicht mehr sichtbar sei". Es entstehe der Eindruck, dass Bundesminister Lauterbach "auf die Einschätzung des RKI keinen Wert mehr legt", so Holetschek.

Neben Österreich haben auch andere Staaten, darunter Dänemark, Großbritannien, Spanien und die Schweiz, die Isolationspflicht abgeschafft. Entsprechende Forderungen gab es zuletzt auch in Deutschland, insbesondere während der Debatte um das neue Infektionsschutzgesetz, das kürzlich vom Bundestag beschlossen wurde. Vor allem die FDP hatte dafür plädiert, die Isolationspflicht zu streichen. Doch die Anordnung zur fünftägigen Isolation besteht immer noch. Darüber hinaus empfiehlt das Robert-Koch-Institut (RKI), nach den fünf Tagen das Haus erst wieder zu verlassen, wenn ein Antigenschnelltest negativ ausfällt. Für Kontaktpersonen von Infizierten gibt es dagegen keine Quarantänevorschriften mehr, nur eine Empfehlung: Kontakte reduzieren, vor allem mit Risikogruppen.

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