Süddeutsche Zeitung

Corona:Impfabfrage kommt - aber nicht überall

Arbeitgeber dürfen künftig in gefährdeten Einrichtungen nach dem Impfstatus der Mitarbeiter fragen. Pflegeheime, Schulen und Kitas fallen unter die Regelung - das Großraumbüro nicht.

Von Henrike Roßbach, Berlin

Die Fraktionen von Union und SPD haben sich am Donnerstag mit der Bundesregierung darauf geeinigt, dass Arbeitgeber ein Auskunftsrecht zum Impf- oder Genesenenstatus ihrer Mitarbeiter bekommen sollen - allerdings nur in ausgewählten, besonders gefährdeten Bereichen wie etwa Pflegeheimen. Das geht aus dem Änderungsentwurf für das Infektionsschutzgesetz hervor, den der Bundestag am Dienstag beschließen soll. Die entsprechende Formulierungshilfe für den Änderungsantrag der Regierungsfraktionen lag der Süddeutschen Zeitung vor.

Neben der Impfabfrage ist die Abkehr von der herkömmlichen Inzidenz als wichtigster Kennzahl in der Pandemie-Bekämpfung der zweite zentrale Punkt der geplanten Gesetzesänderung. Für Beschränkungen des Alltags soll künftig die Hospitalisierungsinzidenz entscheidend sein - also die Zahl der neu aufgenommen Covid-Patienten je 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen. Weitere Indikatoren sollen zusätzlich berücksichtigt werden - darunter die bisherige Inzidenz bezogen auf die Neuinfektionen, die "verfügbaren intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten" und die Zahl der Geimpften. Konkrete Schwellenwerte für die Hospitalisierungen finden sich nicht in dem Entwurf, die sollen die Landesregierungen festlegen.

Der Abschied von der Inzidenz hatte sich schon länger abgezeichnet. Das Thema Impfabfrage dagegen trat erst diese Woche in den Vordergrund. Anlass war die Forderung der Arbeitgeber, nach dem Impf- oder Genesenenstatus ihrer Mitarbeiter fragen zu dürfen, um die Hygieneregeln im Betrieb anpassen und lockern zu können. Letzteres wäre nämlich demnächst möglich, so sieht es eine am Mittwoch vom Kabinett gebilligten Corona-Arbeitsschutzverordnung von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vor. Ein Auskunftsrecht zum Impfstatus aber sieht die neue Verordnung nicht vor.

In dem nun vorliegenden Entwurf heißt es, dass Arbeitgeber künftig "personenbezogene Daten eines Beschäftigten über dessen Impf- und Serostatus" in Bezug auf Covid-19 verarbeiten dürften, "um über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder über die Art und Weise einer Beschäftigung zu entscheiden". Allerdings ist diese Lockerung des Gesundheitsdatenschutzes auf Einrichtungen und Unternehmen beschränkt, in denen durch Corona besonders gefährdete Personen betreut werden oder schlicht viele Menschen auf engem Raum zusammen kommen: Pflege-und Seniorenheime, Behinderteneinrichtungen, Unterkünfte für Obdachlose und Asylbewerber, Massenunterkünfte, wie es sie etwa für Saisonarbeitskräfte gibt, Pflegedienste, Gefängnisse - und Schulen sowie Kindertagesstätten, Heime und Ferienlager. In Krankenhäusern, in der ambulanten Pflege und in Arztpraxen ist die Impfabfrage schon jetzt möglich.

Voraussetzung für die Impfabfrage in diesen Bereichen ist zudem, dass der Bundestag die epidemische Notlage festgestellt hat - und dass die Abfrage an sich "zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019" erforderlich ist.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) machte am Freitag deutlich, dass er sich eine weitergehende Lösung gewünscht hätte. "Zum Beispiel für die Arbeit im Großraumbüro und für die Organisation der Arbeit macht es schon Sinn, wenn der Arbeitgeber weiß, wie jeweils der Impfstatus ist", sagte er im Deutschlandfunk. Auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zeigte sich überzeugt, "dass weitere Schritte notwendig und erforderlich sind". Die SPD hatte mit Blick auf den Gesundheitsdatenschutz der Beschäftigten dagegen eher gebremst in Sachen Auskunftsrecht zum Impfstatus. Die nun gefundene Lösung ist ein Kompromiss zwischen beiden Positionen.

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