Bundeskanzlerin Angela Merkel hat das Verhalten vieler Teilnehmer auf der Berliner Demonstration gegen die Corona-Auflagen vom Wochenende scharf verurteilen lassen. "Die Bilder, die wir da sehen mussten, sind inakzeptabel", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Montag.
Friedliche Demonstrationen seien "auch in dieser schwierigen Zeit wichtig, um Meinungen öffentlich vertreten zu können" - Kritik müsse in einer Demokratie immer möglich sein. Aber das Verhalten von vielen Demonstrierenden in Berlin sei "in keinster Weise gerechtfertigt"; viele hätten das hohe Gut der Demonstrationsfreiheit ausgenutzt, sagte Demmer. So sei es nicht nur zu "massiven Verstößen gegen die Hygieneregeln" gekommen, sondern auch zu "menschenverachtenden Äußerungen". Außerdem sei die Presse behindert worden - "das verurteilen wir".
Die Bundesregierung und vorneweg die Kanzlerin treibt die Befürchtung um, dass der sorglose Umgang mit der Pandemie zu einem deutlichen Anstieg der Infiziertenzahl führen könnte. Auch der Bundespräsident rief am Montag zu mehr Vorsicht auf. "Der Weg zur Normalität, die wir uns doch alle wünschen, geht nicht über Leichtsinn, Sorglosigkeit und Ignoranz", sagte Frank-Walter Steinmeier in einer Videobotschaft. "Die Verantwortungslosigkeit einiger weniger ist ein Risiko für uns alle!", warnte der Bundespräsident. "Wenn wir jetzt nicht besonders vorsichtig sind, dann gefährden wir die Gesundheit vieler - und wir gefährden darüber hinaus die Erholung unserer Gesellschaft, unserer Wirtschaft, unseres Kulturlebens."
Steinmeier war aber auch bemüht, für die allgemeinen Sorgen Verständnis zu zeigen. "Auch wenn's schwerfällt: Bewahren wir Geduld und verhalten wir uns vernünftig", sagte er. Jede und jeder stehe "jetzt in der Verantwortung, einen zweiten Lockdown zu verhindern", denn es sei "doch ganz klar: Eine weitere Phase des Stillstands würde uns alle noch viel härter treffen".
Versammlungsauflösung - das letzte Mittel
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums wies darauf hin, dass Veranstaltungen unter freiem Himmel nicht genehmigungspflichtig seien, sondern lediglich angemeldet werden müssten. Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit sei "ein hohes Gut". Gleichzeitig betonte der Sprecher aber, dass die Hygieneregeln eingehalten werden müssten. Es sei deshalb Aufgabe der zuständigen Gemeinde- und Landesbehörden, darauf zu achten, dass die Auflagen eingehalten und Verstöße konsequent geahndet würden.
Auf die Frage, ob man Demonstrationen auch verbieten könne, sagte er, eindeutige Verstöße seien oft schwer mit Sicherheit vorherzusagen. Aber: "Wenn von vornherein absehbar ist, dass die Auflagen nicht eingehalten werden oder eingehalten werden können", stelle sich schon die Frage, "ob man eine solche Versammlung zulassen kann".
Ähnlich äußerte sich Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul. Die Auflösung einer Versammlung könne das letzte Mittel sein, sagte der CDU-Politiker.