Corona:Das Virus breitet sich in Europa aus

Italienische Behörden melden weitere Todesopfer. An den Börsen brechen die Kurse ein. Brüssel stellt Millionen bereit.

Von Lea Deuber und Matthias Kolb, Brüssel/Peking

Immer mehr Menschen außerhalb Chinas haben sich mit dem Coronavirus infiziert. Angesichts der schnellen Ausbreitung wächst das Risiko einer weltweiten Pandemie. Nachdem in Italien drei weitere Todesfälle bekannt geworden sind, die Zahl der Infektionen in Südkorea sprunghaft steigt und Iran sowie eine Reihe weiterer Länder im Nahen Osten Fälle melden, brachen die Aktienkurse in Europa und den USA um mehr als drei Prozent ein. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sprach von einer "geänderten Lage". Die Epidemie sei in Europa angekommen. Es sei möglich, dass sich das Virus auch in Deutschland ausbreiten werde. Das Land sei aber bestmöglich vorbereitet.

Chinas Behörden meldeten am Montag 150 neue Opfer - mehr Tote als je zuvor an einem Tag, die meisten in der besonders stark betroffenen Region Hubei. Peking gab die Verschiebung der für März geplanten Sitzung des Volkskongresses auf unbestimmte Zeit bekannt. Es ist das erste Mal seit Jahrzehnten, dass die jährliche Vollversammlung nicht wie geplant stattfindet. Die Entscheidung war erwartet worden.

In der Provinz Hubei gab es Verwirrung um eine mögliche Lockerung der Quarantäne, die zuerst vermeldet, nach einigen Stunden aber wieder zurückgenommen wurde. Seit Ausbruch der Epidemie im Dezember sind in China 2592 Menschen an der neuartigen Lungenkrankheit gestorben, 77 150 haben sich infiziert. Der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge waren am Montag weltweit insgesamt 2624 Todesfälle und 79 440 Infektionen registriert.

Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping sprach von der "größten Gesundheitskrise" seit der Staatsgründung. Gleichzeitig belastet der erzwungene Stillstand die Wirtschaft. Peking hat deshalb angeordnet, dass Unternehmen je nach Einschätzung der Risiken ihre Arbeit wieder aufnehmen sollen. Die Zwangspause hat bereits dazu geführt, dass erste Firmen ihre Mitarbeiter nicht mehr bezahlen können. Einige Unternehmen stehen vor der Pleite. Analysten warnen vor Massenentlassungen. Um die Wirtschaft zu stützen, hat Xi Steuererleichterungen und Staatshilfen angekündigt.

Die EU-Kommission stellt 232 Millionen Euro für den Kampf gegen das Virus bereit. 114 Millionen Euro gehen an die WHO, wie Janez Lenarčič sagte, der für Krisenmanagement zuständige Kommissar. 15 Millionen Euro sollen Staaten in Afrika helfen, ihre Gesundheitssysteme für den Ernstfall zu rüsten, 100 Millionen in die Suche nach einem Impfstoff investiert werden.

EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides beklagte, dass viele Falschinformationen kursierten und warnte sowohl vor Panikmache als auch vor einer Politisierung. Lenarčič betonte, es liege in der Kompetenz der Mitgliedstaaten, in der EU Grenzen zu schließen. Solche Entscheidungen müssten jedoch "verhältnismäßig und angemessen" sein, auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen und abgesprochen werden. Der EU-Kommission zufolge wurden in Europa noch nie aus Sorge um die öffentliche Gesundheit Grenzkontrollen wieder eingeführt.

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