Süddeutsche Zeitung

Coronavirus:China lockert strikte Null-Covid-Maßnahmen

Der Staatsrat verkündet Erleichterungen für Quarantäne, PCR-Tests und Lockdowns. Das Tempo, mit dem die Lockerungen eingeführt werden, spiegelt den wachsenden Druck auf Präsident Xi wider.

Im Kampf gegen die Corona-Pandemie hat China seine strikten Null-Covid-Maßnahmen etwas gelockert. Der Staatsrat verkündete in Peking einen neuen Zehn-Punkte-Plan mit Erleichterungen für Quarantäne, PCR-Tests und Lockdowns.

Zu den landesweiten Lockerungen gehört, dass es in Nicht-Hochrisiko-Gebieten keine Bewegungseinschränkungen geben darf. Wie die Nationale Gesundheitskommission ankündigte, dürfe es nicht zu Produktions- und Arbeitsausfällen kommen. Hochrisiko-Gebiete müssten in Zukunft präziser festgelegt werden und können einzelne Gebäude oder auch nur eine Etage betreffen. Bei Reisen ist kein negativer Test mehr nötig.

Bei Infektionen ohne Symptome und milden Krankheitsverläufen soll es "grundsätzlich" möglich sein, auch zu Hause in Isolation zu gehen. Nach einer Woche Heimquarantäne sind dann zwei negative PCR-Tests nötig, um sich wieder frei bewegen zu können. Sollte sich der Zustand verschlechtern, können sich die Menschen selbst in ausgewiesene Kliniken begeben. Enge Kontaktpersonen sollen sich fünf Tage zu Hause isolieren und dann freitesten können.

Ein negativer PCR-Test sei künftig nicht mehr generell nötig - außer für Personal in Grund- und Mittelschulen, medizinische Einrichtungen, Pflegeheimen oder auch Waisenhäusern, hieß es weiter. Wichtige Staatsorgane, große Unternehmen und andere spezielle Einrichtungen könnten trotzdem nach ihren eigenen Vorbeugungsplänen handeln. Zuvor schon hatten die Behörden erste "Optimierungen" ihrer Null-Covid-Maßnahmen erlassen. Die jetzigen Erleichterungen gehen aber weit darüber hinaus.

Unmut durch strikte Beschränkungen

Das Tempo, mit dem die Lockerungen eingeführt werden, spiegelt den wachsenden Druck auf Präsident Xi Jinping wider. Die anhaltenden strikten Beschränkungen nach inzwischen schon fast drei Jahren Pandemie hatten in dem riesigen Land für Unmut gesorgt. Vor knapp zwei Wochen gab es in verschiedenen Städten die größte Protestwelle seit Jahrzehnten. Ein starkes Polizeiaufgebot hatte danach weitere Demonstrationen unterbunden. Der Protest richtete sich gegen Ausgangsbeschränkungen für Wohnanlagen oder ganze Stadtviertel, Zwangsquarantäne, zum Teil eine fast tägliche Testpflicht und andere harte Null-Covid-Maßnahmen.

China wird seit ein paar Wochen von der für das Land bislang größten Welle von Infektionen seit Beginn der Pandemie heimgesucht - auch wenn die absoluten Zahlen im internationalen Vergleich niedrig sind. Befürchtet wird nun, dass die Zahlen wieder deutlich steigen könnten. Experten warnen, dass das schlecht entwickelte Gesundheitssystem überfordert sein könnte.

Zahl der Neuinfektionen rückläufig

Die Gesundheitskommission berichtete am Mittwoch von etwa 25 000 Neuinfektionen an einem Tag. Die Zahlen sind seit Tagen rückläufig, nachdem Ende November ein Höchststand von etwa 40 000 erreicht worden war. Vize-Ministerpräsidentin Sun Chunlan hatte schon vergangene Woche angedeutet, dass es zu einem Kurswechsel kommen könnte. Sie sprach von einer neuen Phase, da die Omikron-Variante nicht mehr so krankheitserregend sei und mehr Menschen geimpft seien.

Allerdings soll die Impfung besonders älterer Menschen vorangetrieben werden, die in China unzureichend durch Vakzine geschützt sind. Aus Angst vor Nebenwirkungen haben sich Ältere in dem 1,4-Milliarden-Einwohner-Land bislang weniger impfen lassen. Nur 40 Prozent der Menschen über 80 Jahren haben eine Booster-Spritze bekommen. Es fehlt in der Bevölkerung auch an natürlicher Immunität, da das abgeschottete China bisher kaum Infektionen gesehen hat.

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