Süddeutsche Zeitung

Copyrights:Pu der Bär für alle

Zum Jahreswechsel läuft das amerikanische Copyright für Winnie Puuh aus - mit unklaren Folgen.

Von Kathrin Werner

"Ich bin klein und dick und stolz darauf!", sagte Pu der Bär einmal, 1926 war das. In den 95 Jahren seither ist ein weiteres Attribut hinzugekommen, von dem der Erfinder der Figur, der Kinderbuchautor Alan Alexander Milne, noch nichts ahnen konnte: Pu ist sehr viel wert. Genauer gesagt: Er ist Milliarden wert.

Pu der Bär, auch bekannt als Winnie Puuh, ist "ein Bär von sehr geringem Verstand", schrieb Milne über ihn. Trotzdem haben der gelbe Bär mit dem roten Hemdchen und seine Freunde der Welt viele Weisheiten hinterlassen. "Du bist tapferer als du glaubst, stärker als es scheint und klüger als du denkst." Oder: "Manchmal sind es die kleinsten Dinge, welche den meisten Platz in deinem Herzen einnehmen." Der Disney-Konzern hat im Jahr 1961 die Rechte an Pu gekauft. Seither gibt es Filme und Kuscheltiere, Luftballons und Kindergeschirr, Kinderschlafanzüge, Socken und Wandtattoos mit Pus freundlichem Gesicht und Ratschlägen für ein gutes Leben, die bei vielen Menschen einen Nerv treffen. Und bei Disney die Kassen klingeln lassen, denn für jedes dieser Produkte sind Lizenzgebühren fällig.

Kreative Menschen könnten Pus Geschichte weitererzählen

Nun ist Pu allerdings 95 Jahre alt geworden - und diese Zahl ist wichtig. Denn nach 95 Jahren laufen in den USA die Copyrights aus, in Pus Fall war das am 1. Januar. Nun schützt den Bären und seine Eigner kein Urheberrecht mehr, kreative Menschen können also zum Beispiel seine Geschichte weitererzählen, neu herausgeben oder im Internet teilen. "Das Urheberrecht gibt Autoren wichtige Rechte, die Kreativität und Reichweite fördern - eine sehr gute Sache", schreibt die Juraprofessorin Jennifer Jenkins von der US-Universität Duke auf der Website ihres Instituts, das Copyright-Abläufe dokumentiert. Das Urheberrecht gelte aber bewusst nur für eine begrenzte Zeit, damit neue Autorinnen und Autoren Bücher, Filme oder Lieder neu interpretieren können. "Auch das ist eine gute Sache!"

Doch für Disney hängt einiges davon ab, nicht zuletzt weil in knapp zwei Jahren auch Mickey Mouse dran ist, der zum ersten Mal in dem Film "Steamboat Willie" im Jahr 1928 auftauchte. Es geht um viel für das Unterhaltungsunternehmen, jedes Jahr mehrere Milliarden Dollar. Deswegen hatte Disney schon 1998 mit Erfolg dafür lobbyiert, dass amerikanische Copyrights überhaupt 95 Jahre gelten, und nicht nur 75 Jahre wie zuvor. Das Urheberrechts-Verlängerungsgesetz ist daher auch als "The Mickey Mouse Protection Act" bekannt.

Pu der Bär gilt unter Urheberrechtsanwälten als Testballon, wie es mit Mickey Mouse weitergeht und was Disney tun wird, um die Lizenzmilliarden zu beschützen. Nachdem jeweils das Copyright für Sherlock Holmes und Zorro abgelaufen war, gab es zum Beispiel etliche Rechtsstreits, in denen die Erben gegen die Weiterverarbeitung der ursprünglichen Werke vorgingen. Bei Pu müssen Kreative deshalb vorsichtig sein, was genau sie verwenden. Das rote Hemdchen etwa ergänzte erst später die schwarz-weiße Pu-Originalversion, auch Tigger stieß erst 1928 zum Pu-Freundeskreis. Vielleicht folgt Disney aber am Ende doch selbst der Weisheit des Bären, der sich wohl über ein Ende des Copyrights freuen würde: "Es ist nicht gut, etwas Aufregendes zu haben, wenn man es nicht mit jemandem teilen kann."

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