Condoleezza Rice:Die Stählerne Magnolie

"Sie erklärt mir die Außenpolitik so, dass ich sie verstehe", hat Bush einmal über seine Sicherheitsberaterin Rice gesagt. So scheint es nur konsequent, wenn er ihr die Rolle der Außenministerin überträgt, nachdem Powell seinen Rücktritt erklärt hat. Ein Porträt.

Von Markus C. Schulte v. Drach

Condoleezza Rice stand dem Präsidenten während dessen erster Amtszeit näher als die meisten anderen Kabinettsmitglieder - und weit näher als Colin Powell.

Condoleezza Rice

Condoleezza Rice bei George W. Bush im Oval Office.

(Foto: Foto: AP)

Sie war fast jeden Tag an seiner Seite, im Weißen Haus, in Camp David, während seiner Reisen. Sie unterstützte ihn schon, als er noch Gouverneur von Texas war.

Und ihre Rolle scheint weit über die einer Beraterin hinauszugehen: Sie treibt Sport mit ihm, betet mit ihm - und singt Kirchenlieder mit ihm.

Wie groß der politische Einfluss der ehemaligen Stanford-Professorin und Konzertpianistin tatsächlich ist, lässt sich von außen schwer sagen.

Doch er war mit Sicherheit größer als der des gemäßigten Colin Powell und des Verteidigungsministers Donald Rumsfeld oder des Vizepräsidenten Dick Cheney, die zu den Falken in der Regierung gehören.

Die 50-Jährige stand gewissermaßen zwischen den politischen Flügeln und dicht hinter Bush - den Mund an seinem Ohr, um ihm die verschiedenen außenpolitischen Einschätzungen der Regierungsmitglieder zu erklären und ihm seine Entscheidungen zu erleichtern.

Ihr hatte er die Koordination des Antiterrorkampfes anvertraut und die Verantwortung für den Wiederaufbau im Irak. Und ihr gelang es, bei einem Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss der Terroranschläge vom 11. September Anfang dieses Jahres die Kritik am Präsidenten abzuwehren, die für Bush bedrohliche Ausmaße angenommen hatte.

Selbst ihre Rolle bei der Vorbereitung auf den Irak-Krieg - sie gehörte zu jenen, die trotz gegensätzlicher Informationen auf dem Vorwurf beharrte, der Irak betreibe ein Atomwaffenprogramm - hat ihr offenbar nicht geschadet.

Condoleezza Rice beherrscht sich selbst - wie sie zum Beispiel im Sommer bei einem Deutschland-Besuch zeigte. Im Gegensatz etwa zu Donald Rumsfeld reagierte sie auf heftige Kritik am Vorgehen der USA im Irak und auf den Folterskandal von Abu Ghraib ruhig, kontrolliert und geschickt.

Geschickt genug, dass Teile der US-Bevölkerung das Vertrauen in ihren Chef zurückgewannen. Kontrolliert genug, dass Bush ihr offenbar nun auch die Kontrolle über das Außenministerium geben wird.

Wichtige Weichenstellung für die Außenpolitik

Für die Außenpolitik der USA bedeutet die Berufung der Frau mit dem Spitznamen "stählerne Magnolie" eine wichtige Weichenstellung. Powells Präsenz war bislang häufig die Gewähr dafür, dass der Präsident sehr verschiedene Einschätzungen zu hören bekam.

Powells Abschied und eine Berufung von Rice bedeuten nun einen Triumph der Falken, schreibt die Washington Post. Denn auch wenn Rice sich hin und wieder für Powell eingesetzt hat - etwa als es darum ging, mit den Europäern gemeinsam den Iran zur Aufgabe der Urananreicherung zu bewegen - weit häufiger konnten Cheney und Rumsfeld auf ihre Unterstützung setzen.

Im Gegensatz zu ihrem Vorgänger Powell hat Rice kein eigenes Programm. Sie wird voraussichtlich nicht für sich, sondern nur für Bush sprechen. Ihre Berufung, so erklärte Ivo H. Daalder von der Brookings Institution in Washington der New York Times, bedeutet, "dass der Präsident sich mit jenen Leuten umgibt, die für ihn am bequemsten sind und seiner außenpolitischen Sichtweise gegenüber am loyalsten". Für Colin Powell trifft dies nicht zu.

Bushs Wiederwahl ist für den Präsidenten eine Bestätigung seiner Position - und nun, so Daalder, wird er mit Hilfe von Rice die Außenpolitik verfolgen, die er sich bereits zuvor gewünscht hatte, mit Powell jedoch nicht durchsetzen konnte.

Die Stählerne Magnolie

Das bestätigt Gary Schmitt. "Condi weiß, was der Präsident will, und ist damit einverstanden", so der Direktor des Think Tanks Project for the New American Century in Washington zur Washington Post.

Man muss deshalb damit rechnen, dass die Beziehungen der USA zu vielen Mitgliedern der Weltgemeinschaft gespannt bleibt. Schließlich ist es Powell - nicht Bush - , der trotz aller Differenzen weltweit für seine Bemühungen um gute multilaterale Beziehungen geschätzt wird.

Eine Chance für Rice, sich zu profilieren, bietet die gegenwärtige Situation im Nahen Osten. Bereits früher hat sie sich - mit Powell - für die so genannte Road Map zum Frieden eingesetzt.

Nach dem Tod Jassir Arafats gibt es neue Hoffnung, dass der Friedensprozess wieder in Bewegung kommt. Rice allerdings gilt, wie Bush, als unkritischer gegenüber Israel als Powell - eine Voraussetzung, die nicht unbedingt für einen schnellen Durchbruch spricht.

Vermutlich wird Rice nun wieder ein ernstes Gespräch mit Gott führen. Das, so hat sie einmal erklärt, mache sie immer, wenn sie sich über etwas Sorgen mache. Dafür wird es auch in ihrem neuen Job genug Gründe geben.

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