Comey-Aussage:"Ich hatte Sorge, dass Trump lügen würde"

Ex-FBI-Chef Comey belastet den US-Präsidenten mit seinen Aussagen vor dem Senatsausschuss schwer: Die Administration habe ihn und das FBI diffamiert. Trumps Anwalt widerspricht umgehend.

Der frühere FBI-Chef James Comey hat in der Anhörung vor dem Geheimdienst-Ausschuss des US-Senats schwere Vorwürfe gegen die Regierung von US-Präsident Donald Trump erhoben. Unter anderem hat er Trump der Lüge bezichtigt. Dieser hatte Comeys Entlassung als FBI-Chef mit einer schlechten Führung und einer schwachen Position der Bundespolizei begründet.

  • "Dies waren Lügen, schlicht und einfach", sagte Comey auf eine Frage des republikanischen Ausschussvorsitzenden Richard Burr.

Als die Senatoren nachhakten, um zu erfahren, warum er sein Amt dann habe niederlegen müssen, erwiderte Comey:

  • "Ich nehme den Präsidenten beim Wort, dass es wegen der Russlandermittlungen war."

Und:

  • "Ich glaube, ich wurde wegen der Russlanduntersuchung gefeuert. Und das ist eine große Sache."

James Comey war seit 2013 als FBI-Direktor im Amt, von 2003 bis 2005 war er stellvertretender Justizminister der Vereinigten Staaten. Neben Trumps und Obamas Arbeitsweise kennt er daher auch diejenige von George W. Bush. Bei Bush und Obama, so Comey vor dem Senatsausschuss, habe er nie den Eindruck gehabt, dass diese unehrlich gewesen wären.

Er sei von der früheren Justizministerin Loretta Lynch im Fall um Hillary Clintons E-Mails dazu angewiesen worden, nicht von "Ermittlungen" zu sprechen, sondern von einer "Angelegenheit". Das habe ihn verwirrt und dazu bewogen, seine Erkenntnisse über die E-Mails der Präsidentschaftskandidatin bekanntzugeben. Das habe er getan, um die Glaubwürdigkeit des Justizministeriums und des FBI zu wahren.

Eine Pressesprecherin des Weißen Hauses wehrte sich gegen Comeys Lügen-Vorwurf noch während der Anhörung: "Ich kann definitiv sagen, dass der Präsident kein Lügner ist." Kurz zuvor hatte Trump in einer Rede vor Mitgliedern der christlichen Faith and Freedom Coalition in Washington von einem "Belagerungszustand" gesprochen, in dem er und seine Angreifer sich befänden. Am Ende werde er aber größer und stärker daraus hervorgehen. Trumps Anwalt teilte nach der Senatssitzung mit, der US-Präsident habe Comey nie, in welcher Art auch immer, angewiesen, Ermittlungen einzustellen. "Heute hat Herr Comey zugegeben, dass er Freunden seine angeblichen Memos von diesen unter Vertrauensschutz stehenden Gesprächen weitergegeben hat, von denen eines nach seiner Aussage als Geheimsache eingestuft wurde." Es obliege nun den zuständigen Behörden zu entscheiden, ob diese Indiskretionen "mit all den anderen untersucht" würden.

Die offiziellen Gründe für Comeys Entlassung, also die vermeintlich schlechte Führung und schwache Position des FBIs, habe er aus den Medien erfahren. Das habe ihn "verwirrt" und ihm auch "Sorge bereitet". Denn zuvor habe ihm Trump wiederholt versichert, dass er als Chef der Bundespolizei sehr gute Arbeit leiste.

  • "Ich erinnere mich an ein Telefonat. Da hat der Präsident nur angerufen, um zu hören, wie ich mit der Arbeit vorankomme und um mir zu sagen, dass ich sehr gute Arbeit leiste."

Die Einmischung Russlands in die US-Wahl sieht Comey als erwiesen an, diesbezüglich bestehe "kein Zweifel". Seiner Einschätzung nach handelt es sich um eine groß angelegte, strategische Operation. Diese sei zur Wahl 2016 intensiviert worden. Die russischen Einflussversuche hätten sich aber nicht nur auf die Wahl 2016 beschränkt.

  • "Es wird sie wieder geben", sagte Comey.

Auf die Frage, warum er sich nach einem Treffen mit dem Präsidenten Notizen gemacht habe, erklärte er:

  • "Ich hatte ehrlich gesagt Sorge, dass er über die Natur unseres Treffens lügen würde."

Und:

  • "Es war ein Bauchgefühl, und eine Gespür für den Menschen, mit dem ich gesprochen habe."

Er habe sich genau an jedes Wort der Unterhaltung erinnern wollen, da er gewusst habe, dass bald etwas "Großes" geschehen werde. Gegen den Präsidenten sei zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht ermittelt worden. Von dieser Aussage wich Comey auch auf mehrfache Nachfrage nicht ab. Weder hätten sich Untersuchungen gegen den Präsidenten angebahnt, noch sei zum Zeitpunkt von Comeys Entlassung eine Ermittlung gegen den US-Präsidenten geplant gewesen.

Welche Erkenntnisse er über die Verbindungen zwischen dem Wahlkampfteam von Donald Trump und der russischen Regierung habe, wollte Comey hingegen nicht öffentlich sagen.

  • "Das ist eine Frage, die ich nicht öffentlich beantworten sollte."

Von Senator Marco Rubio wurde er daraufhin zu den Ermittlungen gegen Trumps nationalen Sicherheitsberater Michael T. Flynn befragt. Rubio wollte erstens wissen, ob der US-Präsident Loyalität in dieser Sache von Comey gefordert habe. Zweitens fragte Rubio, ob Trump den damaligen FBI-Chef aufgefordert habe, die Untersuchung gegen Flynn zu stoppen, und drittens, ob Comey dementsprechend die Öffentlichkeit habe informieren sollen, dass Trump nicht Teil der Ermittlungen sei.

  • "Ja, das sind die drei Dinge, die Trump von mir gefordert hat", erklärte Comey.

Hintergrund sei ein Abendessen am 27. Januar gewesen, bei dem Trump ihn gefragt habe, ob er FBI-Chef bleiben wolle. Der gesunde Menschenverstand habe ihm gesagt, dass der Präsident dafür eine Gegenleistung haben wollte.

Comey sagte vor dem Senatsausschuss, er habe Trumps Forderung, die Ermittlungen gegen Flynn einzustellen, nicht sofort zurückgewiesen. Er sei dazu unmittelbar nach dem Gespräch nicht in der Lage gewesen. Und er sei auch nicht sicher, ob er gewagt hätte, dem Präsidenten der Vereinigten Staaten direkt zu widersprechen. Doch er halte die Ermittlungen für sehr wichtig.

  • "Es gibt keinen Zweifel daran, dass die Russen sich in den US-Wahlkampf eingemischt haben. Das sind keine Fake News!"

Comey räumte ein, selbst für die Verbreitung seiner internen Aufzeichnungen zu den Gesprächen mit Präsident Trump in den Medien gesorgt zu haben. Er habe einen befreundeten Professor von der Columbia School of Law beauftragt, seine Notizen an Medien weiterzureichen. Konkret habe es sich um die "Unterhaltung mit Trump über Flynn" gehandelt. Ein Reporter der New York Times hatte im Mai zuerst über Comeys Memos berichtet.

Angesprochen auf den Tweet des US-Präsidenten nach der Unterhaltung, in dem Trump andeutete, es könnte Tonaufzeichnungen seiner Gespräche mit Comey geben, sagte der ehemalige FBI-Direktor:

  • "Ach Gottchen, ich hoffe, dass es Aufzeichnungen gibt."

Mit der Veröffentlichung habe er erreichen wollen, dass ein Sonderermittler in der Sache eingesetzt werde, sagte Comey. Dies war tatsächlich der Fall: Mitte Mai wurde Robert Mueller für dieses Amt benannt.

Seine Aufzeichnungen will Comey dem Senat übergeben. Ob der US-Präsident durch das Gespräch mit ihm versucht habe, die Justiz zu behindern, müsse nun Mueller klären, so Comey.

Von geplanten Hackerangriffen auf die US-Wahl will Comey zum ersten Mal im Sommer 2015 erfahren haben. Die ersten Daten seien zwischen dem Jahresende 2015 und dem Beginn von 2016 gestohlen worden, sagte er vor dem Geheimdienstausschuss.

Comey gilt als eine der Schlüsselfiguren in der Russlandaffäre rund um Trumps Wahlkampfteam. Er leitete die Ermittlungen gegen Trumps Sicherheitsberater Michael Flynn wegen dessen Kontakten zu russischen Geheimdienstmitarbeitern während des US-Wahlkampfs. Im Mai wurde er entlassen.

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