In der Stunde seines Triumphs klingt Newt Gingrich ungewohnt bescheiden - wenn man nicht so genau hinhört. Am Samstagabend, als klar wird, dass ihm, mal wieder, ein Comeback in großem Stil gelungen ist und er die im republikanischen Präsidentschaftsrennen so wichtige Vorwahl in South Carolina gewonnen hat, tritt er, anders als sonst bei seinen Veranstaltungen, ohne Fanfare in den mächtigen Ballsaal des Hilton Hotels in Columbia, der Hauptstadt des Bundesstaats.
Arbeitet sich durch die dichtgedrängten Ränge seiner euphorisierten Anhänger zum Mikrofon vor und sagt, was man sagen muss in so einem Moment. Dies, ruft er in den Jubel, sei eine "demütigende Erfahrung". Wahrhaft "ernüchternd" sei es zu sehen, "dass so viele Menschen aus tiefstem Herzen danach verlangen, ihr Land wieder auf den richtigen Kurs zu bringen".
Da muss er gar nicht hinzufügen, dass er sich für den einzigen hält, der Amerika wieder auf die Beine bringen kann. Er, der noch Ende der neunziger Jahre der unbeliebteste Politiker des Landes war. Er, der seit einem Jahrzehnt seine politischen Verbindungen vor allem zur Mehrung seines eigenen Vermögens eingesetzt hat. Er, Newt Gingrich, empfindet das Wahlergebnis von South Carolina eindeutig als persönliche Bestätigung.
Noch vor einer Woche hatte alles ganz anders ausgesehen. Da galt Mitt Romney, Sieger der Vorwahl in New Hampshire, als haushoher Favorit. Newt Gingrich war abgeschrieben. Wie ein Jojo war Gingrich in den Umfragen vor den Primaries und nun auch bei den ersten Wahlen auf und ab gegangen: Blamabel waren seine vierten Plätze in Iowa und New Hampshire. Doch jetzt ist er obenauf.
Gingrich ist 68 und seit Mitte der siebziger Jahre in der Politik. Und wenn es eines in seiner langen Karriere nicht gibt, dann ist es Konstanz. Nicht zuletzt deshalb schleppt er mehr Sperrgepäck aus seinem politischen und privaten Leben herum als seine Konkurrenten.
Sprunghafter Führungsstil
Newt Gingrich ist zum dritten Mal verheiratet, und bei den beiden Scheidungen hat er sich offenkundig nicht als der überlegene Kopf gebärdet, als der sich der einstige Geschichtsdozent und selbsternannte Vordenker seiner Partei in der politischen Diskussion so gerne gibt. Erst zwei Tage vor der Primary in South Carolina hat seine zweite Ex-Frau in Interviews über sein Verhalten geklagt. Und seine erste Frau hat er zur Scheidung am Krankenbett gedrängt, als sie wegen eines Tumors im Hospital lag.
Politisch war er ein Architekt des großen republikanischen Wahlsiegs Mitte der neunziger Jahre, als seine Partei erstmals seit Dekaden wieder die Mehrheit im Repräsentantenhaus eroberte. Seine Parteifreunde machten ihn zu ihrem Vormann im Kongress. Mit einem sprunghaften Führungsstil und vor allem einer egomanischen Überheblichkeit aber brachte er alle gegen sich auf. Nach vier Jahren jagten sie ihn als Sprecher des Repräsentantenhauses davon.
In diesem Präsidentschaftswahlkampf wiederholte sich die Geschichte unter anderen Vorzeichen: Im Sommer verließen ihn fast alle Berater, weil sie seinen unsteten Führungsstil nicht mehr ertrugen.
Doch hat Gingrich sich von solchen Abstürzen stets erholt. Nach dem Ende seiner Karriere im Kongress hat er als Berater, Redner und Autor Millionen gemacht und schon einmal Positionen eingenommen, die der Orthodoxie seiner Partei widersprachen. Er hat sich für Klimaschutz eingesetzt. Er fand eine Gesundheitsreform eine Zeit lang gar nicht so übel. Er hat bei der halbstaatlichen Hypothekenbank Freddie Mac kräftig abkassiert, obwohl die Republikaner sie abschaffen wollen. Er hat sich mittlerweile von all dem distanziert, wie immer mit mächtigen Worten. Als seinen "größten Fehler" etwa bezeichnete er sein Eintreten für ein Klimaschutzgesetz.