CIA-Geheimprogramm:Der Druck auf Barack Obama wächst

Neue Enthüllungen über geheime CIA-Pläne setzen Barack Obama unter Druck: Der Präsident möchte eine Konfrontation mit den Republikanern und der CIA vermeiden.

Nach Enthüllungen über ein vor dem Kongress verheimlichtes Anti-Terror-Programm des Geheimdienstes CIA wächst der Druck auf Präsident Barack Obama, Ermittlungen über möglicherweise illegale Vorgänge in der Bush-Ära einzuleiten. Damit würde die Politik der abgewählten Regierung und der von Bush ausgerufene "Krieg gegen den Terror" wieder zu einem der bestimmenden Themen in den USA - Obama möchte genau das vermeiden.

Barack Obama CIA

US-Präsident unter Druck: Dokumente über Geheimdienstaktivitäten werden zu Altlasten für Barack Obama.

(Foto: Foto: AP)

Mehrere bekannte und führende Demokraten haben bereits öffentlich Untersuchungen darüber verlangt, dass auf den Befehl des früheren Vize-Präsident Dick Cheney ein geheimes Anti-Terror-Programm über Jahre hinweg vor dem Kongress geheim gehalten wurde. Das Wall Street Journal hatte berichtet, die CIA habe auf Grundlage einer Anweisung von Bush an einem Plan zur Tötung von Mitgliedern von al-Qaida gearbeitet.

Angst vor einer Spaltung im Kongress

Es ist nicht die einzige Altlast aus der Bush-Ära, die einer Aufklärung bedarf: Obamas eigener Justizminister, Eric Holder, hat angekündigt, strafrechtliche Ermittlungen gegen die CIA wegen möglicher Folterungen zu prüfen. Und auch in einem dritten Punkt stehen Ermittlungen an: In Afghanistan soll die Nord-Allianz - ein Verbündeter der USA - bis zu 2000 gefangene Taliban getötet haben. Diese Vorwürfe will Obama nun prüfen lassen, sagte er in einem CNN-Interview.

Die New York Times nennt diese offenen Fragen "genau die Art von Ablenkung von Obamas innenpolitischen Prioritäten, die das Weiße Haus vermeiden wollte". Eine Serie von Ermittlungen könnte eine Spaltung im Kongress herbeiführen - gerade wenn die Regierung Obamas jegliche Unterstützung für die innenpolitische Agenda braucht: den Kampf gegen die Wirtschaftskrise, die Neuausrichtung des Gesundheitssystem, Maßnahmen gegen Klimawandel und für die Energiewende.

Es sind schlimme Dinge passiert

Obama hat außerdem während seiner bisherigen Amtszeit großen Wert auf gute Beziehungen zum Militär und den Geheimdiensten gelegt: Er hat gleich zu Beginn seiner Präsidentschaft das CIA-Hauptquartier besucht, hat sich gegen die Veröffentlichung von Folter-Fotos aus dem Irak ausgesprochen und außerdem signalisiert, dass er eine juristische Untersuchung brutaler Verhörmethoden unter der Regierung Bush ablehnt.

Eine Reihe von Untersuchungen würde sein Verhältnis zu den Geheimdiensten trüben - ein Umstand, auf den bereits mehrere republikanische Politiker hingewiesen haben. Auch Obamas Gegner im Präsidentschaftswahlkampf, der republikanische Senator John McCain, meldete sich zu Wort: "Wir alle wissen, dass schlimme Dinge passiert sind", sagte er dem Sender NBC. "Aber es ist Zeit nach vorne zu sehen, und nicht in die Vergangenheit." Eine Untersuchung der Vorwürfe würde dem Image Amerikas in der Welt schaden, sagte McCain.

Auf Seite 2: Das Papier über die gezielte Tötung von al-Quaida Mitgliedern

Konflikt mit dem Justizminister

Gezielte Tötung von al-Qaida-Migliedern

In dem Papier, das vor dem Kongress geheimgehalten wurde, erörterte die CIA nicht nur die Gefangennahme, sondern auch die gezielte Tötung von al-Qaida-Mitgliedern. Die CIA habe Geld in die Ausarbeitung des Plans gesteckt und möglicherweise auch Mitarbeiter dafür geschult, berichtete das Wall Street Journal unter Berufung auf anonyme mit dem Vorhaben vertraute frühere Geheimdienstmitarbeiter. Grundlage für den Plan sei ein Präsidialbeschluss von 2001 gewesen. Das Vorhaben sei aber nicht vollständig umgesetzt worden. Der neue CIA-Chef Leon Panetta habe das Programm beendet, nachdem er am 23. Juni 2009 davon erfahren habe. Das Programm, dem die Bush-Regierung große Bedeutung zugemessen habe, sei auf Anordnung des damaligen Vizepräsidenten Dick Cheney geheim gehalten worden, hieß es in Zeitungsberichten.

Konflikt mit Obama möglich

Unterdessen besteht Justizminister Eric Holder auf strafrechtlichen Ermittlungen gegen die CIA wegen möglicher Folterungen. Holder prüfe die Berufung eines Sonderermittlers, der untersuchen soll, ob CIA-Agenten Terrorverdächtige gefoltert hätten, berichtete die Washington Post am Sonntag.

Dies könnte zu einem offenen Konflikt mit Präsident Barack Obama führen. Obama hatte mehrfach signalisiert, dass er eine juristische Untersuchung brutaler Verhörmethoden unter der Regierung Bush ablehne. Der US-Präsident hatte im April durch die Veröffentlichung von Memoranden über brutale Verhöre aus der Bush-Zeit scharfe Kritik auch innerhalb der CIA ausgelöst. Daraufhin machte Obama klar, dass er CIA-Verhörbeamte, die im Rahmen vorgegebener Richtlinien gehandelt hätten, keinem Strafverfahren aussetzen wolle.

Das Vorgehen gegen die Verantwortlichen für solche brutalen Verhörpraktiken sei aber Sache des Justizministers. Dem wolle er nicht vorgreifen. Bush selbst hatte mehrfach gesagt, es habe keine Folter gegeben. Das harsche Vorgehen bei Verhören von Terrorverdächtigen sei aber notwendig, um Informationen zu bekommen.

Obama lässt Tod von gefangenen Taliban überprüfen

Am Sonntag hat Obama angekündigt, seine Sicherheitsberater Berichte überprüfen zu lassen, wonach die mit den USA verbündete Nordallianz in Afghanistan für den Tod von bis zu 2000 gefangenen Taliban vor acht Jahren verantwortlich sein soll.

Obama sagte in einem Interview, das am Montag vom TV-Sender CNN ausgestrahlt werden sollte, er habe eine entsprechende Untersuchung angeordnet. Die New York Times hatte am Freitag berichtet, hohe Regierungsbeamte hätten versucht, Ermittlungen mehrerer US-Behörden gegen den afghanischen Milizenführer Abdul Raschid Dostum zu blockieren.

Dostum soll im November 2001 die Ermordung von bis zu 2000 gefangenen Taliban angeordnet haben. Die Gefangenen wurden vermutlich in Container gesperrt, wo sie erstickten oder von Dostums Kämpfern erschossen wurden. Zu dieser Zeit wurde der afghanische Kriegsherr vom US-Geheimdienst CIA unterstützt.

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