Neue Justizministerin:Von einem Termin zum nächsten

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Im Beisein von Angela Merkel überreicht Frank-Walter Steinmeier der neuen Ministerin Christine Lambrecht ihre Ernennungsurkunde und dankte ihrer Vorgängerin Katarina Barley (rechts). (Foto: Kay Nietfeld/AFP)

Ihr erster Arbeitstag ist so eng getaktet, dass die neue Justizministerin Christine Lambrecht zu spät zur eigenen Vereidigung kommt.

Von Robert Roßmann, Berlin

Angela Merkel ist nicht dafür bekannt, ihr Kabinett besonders oft umzubilden. Die Kanzlerin liebt - zumindest in dieser Hinsicht - die Beständigkeit. Derzeit gibt es mehrere Ressortchefs, deren Austausch nicht sofort zu Protesten im ganzen Land führen würde - allen voran Maut-Minister Andreas Scheuer. Aber Merkel lässt sich von derlei nicht beirren. Und so liegt es auch nicht an der Kanzlerin, dass es jetzt die erste Kabinettsumbildung in dieser Legislaturperiode gab. Katarina Barley, die bisherige Justizministerin, wechselt ins Europaparlament. Die SPD hat Christine Lambrecht als Nachfolgerin vorgeschlagen. Am Donnerstag hatte Lambrecht deshalb gleich drei Termine.

Als erstes musste die 54-Jährige ins Schloss Bellevue. Dort händigte ihr der Bundespräsident die Ernennungsurkunde aus. Mit Blick auf den Mordfall Lübcke verwies Frank-Walter Steinmeier auf die Herausforderungen, vor denen Lambrecht jetzt stehe. "Die Verteidigung des Rechtsstaats, nicht zuletzt der Kampf gegen rechten Terror, aber auch ein ausgewogenes Verhältnis von Freiheit und Sicherheit, all das sind Themen, die die Menschen in unserem Land bewegen", sagte der Bundespräsident. Der Rechtsstaat stehe in der Verantwortung, auch diejenigen wirksam vor Beleidigungen, Bedrohungen, Verleumdungen und gewaltsamen Angriffen zu schützen, die sich tagtäglich für die Demokratie engagieren, auch und gerade in der Kommunalpolitik. Deshalb müsse der Rechtsstaat klare Grenzen ziehen: Gemeinderäte, Kreisräte und Oberbürgermeister seien "kein Freiwild und nicht der Fußabtreter der Frustrierten, weder im Internet noch auf den Straßen und Plätzen unserer Republik".

Mit diesem Auftrag Steinmeiers im Gepäck eilte Lambrecht in den Bundestag - kam dort aber trotzdem zu spät an. Parlamentspräsident Wolfgang Schäuble hatte Lambrecht bereits dazu aufgerufen, zur Eidesleistung zu ihm zu kommen, als er bemerkte, dass die neue Ministerin noch gar nicht im Plenarsaal ist. Es gab Gelächter. Eine gute Minute dauerte die Verwirrung, dann erschien Lambrecht im Eingang, schritt die Stufen herunter, merkte, was los ist - und alles nahm doch noch den üblichen Gang. Die Sozialdemokratin leistete ihren Eid - übrigens samt der Formulierung "so wahr mir Gott helfe".

"Noch mit den Sektgläsern in der Hand" zur ersten Besprechung

Damit war der Tag für Lambrecht aber noch nicht vorbei. Das Justizministerium hatte zum feierlichen Amtswechsel geladen. Darin haben das Haus und seine beamtete Staatssekretärin Christiane Wirtz bereits Übung. Denn Wirtz hatte erst im März 2018 die Amtsübergabe von Heiko Maas auf Katarina Barley moderiert. 15 Monate später bekommt sie nun schon wieder eine neue Chefin.

Barley erinnerte jetzt daran, dass Wirtz, sie und andere sofort nach der letzten Amtsübergabe "noch mit den Sektgläsern in der Hand" in einen Besprechungsraum gegangen seien, um das Gesetz zur Musterfeststellungsklage auf den Weg zu bringen. Nach den langen Koalitionsverhandlungen seien das Justizministerium und seine Mitarbeiter "wie ein Rennpferd in der Startbox" gestanden, um endlich loslegen zu können. Davon hat Barley dann auch profitiert - trotz ihrer kurzen Amtszeit hat sie eine ordentliche Zahl an Gesetzen ins Bundesgesetzblatt bringen können. Wirtz überreichte ihr als Abschiedsgeschenk all diese Gesetze zu einem schmucken Buch gebunden. Mit so einem Präsent hatte sie im März 2018 bereits Barleys Vorgänger Heiko Maas beglückt.

Und Lambrecht? Die hatte nach den drei offiziellen Amtswechsel-Terminen gleich noch einen weiteren Auftritt - diesmal wieder im Bundestag. In einer aktuellen Stunde wegen des Lübcke-Mordes verlangte sie, "den Verfolgungsdruck auf rechtsextremistische Gruppen" zu erhöhen. Und sie versprach, dafür einzustehen, dass dies nicht zu Lasten der Grundrechte gehe. Damit entsprach der Auftritt ziemlich genau dem, was ihr der Bundespräsident aufgetragen hatte.

© SZ vom 28.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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