Altbundespräsident Christian Wulff arbeitet einem Medienbericht zufolge für ein türkisches Modelabel. Das Bekanntwerden der neuen Tätigkeit löste Kritik von SPD und Linken aus.
Wie die Bild am Sonntag berichtete, ist Wulff seit Ende April für die Modekette Yargici aus Istanbul tätig. Demnach soll Wulff Prokurist der Deutschland-Tochter des Unternehmens sein. Deren Geschäftsführer wurde von dem Blatt mit dem Satz zitiert, es sei "im Grunde" Wulff gewesen, der das Unternehmen motiviert habe, "in Deutschland zu starten". Wulff begleite Yargici seit dem Markteintritt Anfang 2016 juristisch. Sein Berliner Büro war am Sonntag zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Eine Mitarbeiterin Wulffs sagte der Zeitung, das anwaltliche Standesrecht verbiete es, Fragen nach der Höhe des Verdienstes zu beantworten.
Kritik der Opposition
SPD-Vize Ralf Stegner äußerte in der Bild am Sonntag Kritik und bezog sich darauf, dass Wulff, wie bei ehemaligen Bundespräsidenten üblich, einen Ehrensold von mehr als 200 000 Euro im Jahr erhalte. "In der Regel übernehmen Altbundespräsidenten Ehrenämter und werden nicht Prokuristen von Modefirmen", sagte er. "Der lebenslange Ehrensold wird schließlich gewährt, damit ehemalige Staatsoberhäupter nicht gezwungen sind, sich etwas dazuverdienen zu müssen."
Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht forderte, die Rechtsgrundlage zu ändern. "Es kann nicht sein, dass Wulff jährlich 236 000 Euro vom Steuerzahler erhält und private Einkünfte überhaupt nicht angerechnet werden", sagte sie. Dies sei inakzeptabel und befördere Politikverdrossenheit. "Wir werden im Bundestag einen Antrag einbringen, der diesen Missstand behebt."
Debatte um den Ehrensold
Bereits unmittelbar nach Wulffs Rücktritt vom Amt des Bundespräsidenten hatte es eine Debatte über den Ehrensold gegeben. Politiker mehrerer Parteien hatten sich dafür starkgemacht, den Ehrensold zu reformieren. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) sagte damals, es gehe um "einen überzeugenden Zusammenhang zwischen Amtszeit, Lebensalter und Versorgungsanspruch".
Der Anfang dieses Jahres verstorbene ehemalige Bundespräsident Roman Herzog hatte im Zuge dieser Debatte vorgeschlagen, den Ehrensold zunächst lediglich drei Jahre nach dem Ausscheiden aus dem Amt zu zahlen und danach lediglich noch drei Jahre lang zu 60 Prozent. Danach solle der jeweilige Altpräsident bis zum gesetzlichen Rentenalter wieder einen Beruf ergreifen.
Wulff ist 58 Jahre alt. Er trat im Februar 2012 als Bundespräsident zurück und begründete dies mit geschwundenem Vertrauen, weil er der Vorteilsannahme verdächtigt wurde. Von dem Verdacht wurde der Christdemokrat später rechtskräftig freigesprochen. Nach seinem Rücktritt wurde auch darüber debattiert, ob ihm der Ehrensold überhaupt zustehe - schließlich sei dies nur der Fall, wenn der Rückzug tatsächlich politisch begründet oder aus gesundheitlichen Gründen erfolgt sei.