Christian Wulff:Die "nervende" CSU, die verwunderte Kanzlerin

90 Minuten chatteten SZ.de-User mit Christian Wulff. Der CDU-Vize griff die SPD-Minister Steinbrück und Gabriel an, auch die CSU bekam ihr Fett ab.

Oliver Das Gupta

90 Minuten hat sich der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff den Fragen von SZ.de-Usern in einem Live-Chat gestellt.

Christian Wulff CDU ddp

Regiert seit 2003 das Bundesland Niedersachsen: Christian Wulff

(Foto: Foto: ddp)

Die Themen waren breitgefächert: Der stellvertretende CDU-Vorsitzende äußerte sich sowohl zum Verhältnis zur CSU, als auch zur aktuellen Rentendebatte und dem "absoluten Willen zur Macht", der ihm nach eigenen Worten fehlt.

Der Schwerpunkt des Chats lag auf der neu aufgeflammten Debatte um Kernkraftwerke. Wulff, der zu den Befürwortern der Atomkraft zählt, räumte ein, dass die Bürger über die Vorteile und Risiken der umstrittenen Technologie "viel sachlicher als einige Politiker" diskutierten. Wulff warnte davor, aus Wahlkampfgründen mit den "Ängsten der Menschen" zu spielen.

Der Regierungschef aus Hannover kritisierte das Verhalten von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD), der die Aufsicht über die deutschen Kernkraftwerke zentralisieren möchte. Gabriel wolle seinen Parteifreunden lediglich zeigen, wie man ein Thema zum Wahlkampf macht. Generell sei die Kernkraft für Deutschland vorerst unverzichtbar, erklärte er.

Wulff glaubt allerdings nicht, dass der Pannenmeiler Krümmel erneut hochgefahren wird. "Ich bin skeptisch, ob Krümmel wieder ans Netz geht", so Wulff in dem Internet-Chat.

Kritik übte der CDU-Politiker auch an Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) für dessen Haltung zur Rentengarantie. Steinbrück hatte die Rentengarantie als "grenzwertig" bezeichnet.

"Steinbrück hat der politischen Kultur geschadet"

Wulff erklärte dazu: "Steinbrück hat der politischen Kultur geschadet, weil er einer Regelung zugestimmt hat, die er jetzt fundamental kritisiert." Wie wolle man so etwas erklären?, fragte Wulff. Die Rentner hätten in den letzten Jahren Verzicht geübt und jahrelang real Einbußen gehabt.

Auf den Einwand, Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) habe sich bei der Opel-Rettung ähnlich verhalten, meinte Wulff: "Herr Guttenberg hat Bedenken gegen die Entscheidung bei Opel gehabt und sie auch geäußert - und anschließend die getroffene Entscheidung mit vertreten. So herum ist es richtig."

Ein SZ.de-User wollte von Wulff wissen, wie die Staatsschulden am effektivsten wieder zurückzuführen seien.

Der CDU-Politiker antwortete, es bedürfe präziser Vorgaben bis zum Eintritt des Neuverschuldungsverbotes. "Solche konkreten Vorgaben sind der einzig erfolgversprechende Weg." Das Verschuldensverbot braucht es, damit nicht in ferner Zukunft andere Regierungen wieder mit der Verschuldung anfangen.

"Es ist einfach die Wahrheit"

Wulff erlaubte sich auch einen Seitenhieb auf die CDU-Schwesterpartei CSU. Die bayerischen Konservativen ärgern die CDU derzeit mit der Forderung nach mehr regionaler Mitbestimmung auf EU-Ebene.

Der niedersächsische Ministerpräsident erklärte mit Blick auf die für seine Partei manchmal ungemütliche CSU: "Klar nervt mich manchmal, dass die bayerische CSU kein CDU-Landesverband ist, sondern viele Sonderrechte hat und dementsprechend bundesweit mit eigenen Positionierungen auftritt."

Er verglich das mitunter problematische Verhältnis von CDU und CSU mit seinen Kindheitserfahrungen: Wulff hat zwei Schwestern. "Alleine wäre es einfach langweiliger gewesen", schrieb Wulff und fügte hinzu: "Wir haben zu dritt viel mehr erreicht mit unterschiedlichen Fähigkeiten als ich alleine je hätte erreichen können."

Wulff wurde gegen Ende des Chats auch auf seine überraschenden Äußerungen angesprochen, wonach ihm der "unbedingte Wille zur Macht" fehle. Der CDU-Vize hatte vor genau einem Jahr im Stern erklärt, er traue sich die Kanzlerschaft nicht zu.

Im Chat mit SZ.de-Lesern bekräftigte Wulff nun seine Einlassungen: "Es ist einfach die Wahrheit", erklärte Wulff. Man müsse nicht immer mehr und alles wollen.

Auch wie die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Merkel auf seine Einlassungen reagiert hatte, offenbarte Wulff: "Sie hat sich ziemlich gewundert."

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