Chinas Präsident in USA:Kontrollfreak Xi trifft auf Disruptor Trump

Chinas Präsident in USA: Die Presse in China berichtet überraschend lakonisch über das anstehende erste Treffen von Staatschef Xi Jinping mit US-Präsident Trump.

Die Presse in China berichtet überraschend lakonisch über das anstehende erste Treffen von Staatschef Xi Jinping mit US-Präsident Trump.

(Foto: AFP)
  • Im Wahlkampf warf Donald Trump China vor, die USA zu "vergewaltigen". Kurz vor dem ersten Treffen der beiden Staatschefs ist der Ton deutlich konzilianter.
  • Dennoch gibt es nach wie vor genug Konfliktthemen: Nordkorea, die von China besetzten Gebiete im Südchinesischen Meer, das US-Handelsdefizit mit China.
  • Bisher hat Trump keine seiner Drohungen wie zum Beispiel Strafzölle wahrgemacht, und auch die guten Beziehungen zu dessen Schwiegersohn Jared Kushner geben Peking Anlass zur Hoffnung.

Von Kai Strittmatter, Peking

Am Donnerstag trifft US-Präsident Donald Trump zum ersten Mal auf Xi Jinping. Auf den Präsidenten jenes Landes also, das er im Wahlkampf über Monate beschimpft und attackiert hat wie kein anderes. Weil China angeblich amerikanische Jobs "stiehlt" und "unser Land vergewaltigt", weil es den USA nicht hilft im diplomatischen Ringen mit Nordkorea - das gerade wieder mit einem Raketentest provoziert hat - und weil es Land besetzt im Südchinesischen Meer.

Mit einigem Bangen hat die Welt auf diesen Gipfel der zwei größten Volkswirtschaften gewartet, Asien sowieso. Nun, da es so weit ist, veröffentlichte die Pekinger Volkszeitung - Pauken und Trompeten sonst durchaus nicht abgeneigt - eine Nachricht mit dieser Überschrift: "Xi Jinping reist zu einem Staatsbesuch nach Finnland und wird auch die USA zu einem Präsidentengipfel besuchen". Lakonischer kann man die Luft kaum herauslassen aus all den Erwartungen.

Eigentlich hätte Xi Jinping allen Grund, nervös zu sein. Gerade sah es noch so aus, als hätten Trump und seine Mannen China zum neuen Erzfeind erkoren; Trump-Einflüsterer Stephen Bannon hatte im vorigen Jahr zu Protokoll gegeben, in fünf bis zehn Jahren werde man zweifellos "im Südchinesischen Meer in den Krieg ziehen".

Zudem wird das Treffen eine Studie zweier unterschiedlicher Persönlichkeiten: Hier der disziplinierte Kontrollfreak Xi Jinping, der als Beamter und Politiker vier lange Jahrzehnte durch den Apparat an die Spitze geklettert ist. Ein Mann, dem Stabilität über alles geht und Unberechenbarkeit ein Grauen ist. Dort der sprunghafte Disruptor, der aus einer Laune heraus Gesprächspartner demütigt und kistenweise Porzellan zerschlägt. Wenn Chinas Führer einen Gipfel besuchen, dann normalerweise nur, wenn es ein detailliertes Drehbuch gibt. Trump aber hält sich an keine Drehbücher.

Nordkorea, Südchinesisches Meer, Handel - Stoff für Konflikte gibt es genug

Und doch wird Chinas Delegation einiges an neuer Zuversicht im Gepäck haben, wenn sie in Mar-a-Lago eintrifft. Die Gefahr, dass Donald Trump seinen Gast Xi Jinping abwatscht und mit einem McDonald's-Hamburger abspeist, wie er das im Wahlkampf noch angekündigt hatte, ist eher gering: Die Signale stehen auf vorsichtiges Abtasten. Man wolle den "Rahmen" für künftige Kooperation ausloten, ließ das Weiße Haus im Vorfeld verlauten, einen "ersten Schritt hin zu einer konstruktiven und ergebnisorientierten Beziehung".

Das klingt ganz anders als noch vor Kurzem. Stoff für Konflikte gibt es weiter genug. Nordkorea wird bei Trump ganz oben auf der Liste stehen, am liebsten wäre ihm, dass Peking den Kollaps des Regimes auslöst, ein Ansinnen, auf das Peking nicht eingehen wird. Dann das Südchinesische Meer, wo China umstrittene Gebiete besetzt. Sowie das US-Handelsdefizit mit China, 347 Milliarden Dollar im vorigen Jahr. Ein möglicher Handelskrieg ist eine der größten Sorgen von Chinas Präsident Xi. Sein Traum ist der Wiederaufstieg Chinas zu alter Größe, aber dazu wird das Land noch lange auf den US-Markt angewiesen sein. Besonders in diesem Jahr kann Xi sich keine Erschütterungen leisten: Ende des Jahres steht ein wichtiger Parteitag der KP an. Für Xi wird das eine Art zweite Krönungsmesse - und der Besuch bei Trump soll der Auftakt werden zu einem Jahr, in dem Xi Jinping als Führer erstrahlt.

Die Unbedarftheit von Trumps Mannschaft kommt Peking gelegen

Wenn Xi meint, das Risiko des Staatsbesuches eingehen zu können, dann wohl auch deshalb, weil Chinas Führung glaubt, in den letzten Monaten einiges über Trump gelernt zu haben. "Trumps außenpolitische Doktrin: eine große Klappe und ein kleiner Stock", hieß es diese Woche in der New York Times. In China nennen sie so jemanden einen "Papiertiger".

Noch ist zwar längst nicht klar, ob Trump am Ende China - und der Welt - nicht doch richtig gefährlich werden kann, aber die letzten Monate haben in Peking Zuversicht einkehren lassen. Chinas nach außen hin erstaunlich stoische Zurückhaltung im Sperrfeuer der Tweets des US-Präsidenten scheint sich auszuzahlen: Peking hat Trump bislang schlicht auflaufen lassen. Weder sind die von Trump angekündigten Strafzölle bislang gekommen, noch hat er China zum Währungsmanipulator erklärt. Und nachdem Trump zum Entsetzen Pekings mit Taiwan geflirtet hatte, gab seine Regierung mit einem Mal ein Bekenntnis zur herkömmlichen "Ein-China-Politik" ab, "auf Verlangen von Präsident Xi", wie das Weiße Haus erstaunlich offen erklärte. US-Außenminister Rex Tillerson plapperte bei seinem Pekingbesuch unlängst gar chinesische Propagandaformeln nach.

Trumps Schwiegersohn Kushner ist Pekings effektiver Kanal zum US-Präsidenten

Dass Trump mit Menschenrechten nicht viel am Hut hat, kommt Peking entgegen. Und dass das bei Themen wie Freihandel und Klimaschutz recht sündige China im Vergleich zu den USA auf einmal als globales Vorbild dasteht, registrieren sie in der KP mit Genugtuung.

Vor allem aber scheinen sie über Trumps Schwiegersohn Jared Kushner einen effektiven Kanal zum US-Präsidenten gefunden zu haben. Dass Prinzlinge mitregieren und man über die Verwandtschaft das Ohr der Mächtigen erreicht, muss den KP-Führern merkwürdig vertraut vorkommen. Am meisten aber, meinte der New Yorker diese Woche, dürften sich die erfahrenen chinesischen Verhandler über die Unbedarftheit großer Teile der Trumpschen Mannschaft freuen: "Nicht in ihren wildesten Träumen hätten sie sich einen Gegenpart mit Kushners Merkmalen vorstellen können: ein Vertrauter des Präsidenten, überarbeitet und ohne Erfahrung."

Am meisten bangen wohl Chinas Nachbarn in Asien. Trumps Todesstoß für das transpazifische Freihandelsabkommen TPP hat ohnehin Schockwellen durch die Region gesandt: Für China war es ein Geschenk des Himmels, bei Amerikas Alliierten in der Region hat es die Glaubwürdigkeit der USA schwer erschüttert. Die Furcht ist groß, dass Trump nun für ein paar kurzfristige Zugeständnisse Chinas im Handelsbereich langfristige Interessen der USA und ihrer Alliierten opfern könnte. Beobachter gehen jedenfalls davon aus, dass Peking das eine oder andere Geschenk an den Gipfelgastgeber im Gepäck hat. Chinas Vizeaußenminister Zheng Zeguang hatte am Freitag erst gesagt, China könne "in den Bereichen Wirtschaft und Handel tatsächlich viel tun".

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