Volkskongress:China ignoriert den Krieg

Volkskongress: China Präsident Xi Jinping bei einer Live-Übertragung zum Auftakt des Volkskongresses am 5. März.

China Präsident Xi Jinping bei einer Live-Übertragung zum Auftakt des Volkskongresses am 5. März.

(Foto: Ng Han Guan/AP)

Die Führung in Peking will die Wirtschaft stabilisieren und mit einer großzügigen Sozialpolitik für Ruhe sorgen. Die Ukraine spielt beim Volkskongress keine Rolle - wohl aber das eigene Militär.

Chinas Führung hat das niedrigste Wachstumsziel seit drei Jahrzehnten ausgegeben und gleichzeitig ein umfassendes Stimulus- und Sozialprogramm in Aussicht gestellt. In seinem Rechenschaftsbericht zum Auftakt des Nationalen Volkskongresses machte Regierungschef Li Keqiang deutlich, dass die innere Stabilität und die Absicherung vor wirtschaftlichen Schocks Priorität hätten. Allerdings kündigte Li auch eine deutliche Steigerung der Militärausgaben an, was China - in Kaufkraft gerechnet - auf Augenhöhe mit den USA bringen wird.

Dem Krieg in der Ukraine und Chinas engstem Verbündeten Russland wurden zum Auftakt des Volkskongresses keine Bedeutung geschenkt. Staats- und Parteichef Xi Jinping hat sich seit seinem letzten Treffen mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin zu Beginn der olympischen Winterspiele nicht mehr zum Thema geäußert und auch kein Telefonat mit einem westlichen Staatchef entgegen genommen. Die außenpolitische Führung des Landes schweigt weitgehend.

Beherrschendes Thema zum Auftakt des Volkskongresses war die wirtschaftliche Entwicklung, die im vergangenen Jahr trotz der Pandemie weit über Plan verlaufen war. Wegen steigender Unsicherheiten vermutlich auch durch den Ukraine-Krieg hat die Führung in Peking die Planvorgabe für das Wachstum auf 5,5 Prozent abgesenkt. Zentrales Thema der chinesischen Politik ist in diesem Jahr der Parteitag im Herbst, bei dem die Amtszeit Xis verlängert und vermutlich auf unbestimmte Zeit ausgedehnt werden soll. Innenpolitik, Wachstum und wirtschaftliche Stabilität werden vollständig auf diesen Augenblick ausgerichtet. Seit der chinesischen Öffnung unter Deng Xiaoping war die Machtausübung in Staat und Partei stets zeitlich begrenzt. Xis Plan bricht mit der Tradition des modernen Chinas.

"Sich wandelnde Dynamiken im In- und Ausland deuten darauf hin, dass unser Land dieses Jahr auf viel mehr Risiken und Herausforderungen stoßen wird", sagte Regierungschef Li Keqiang zum Auftakt der Jahrestagung des Volkskongresses. Chinas Wirtschaft leide unter dem "dreifachen Druck" schrumpfender Nachfrage, gestörter Lieferketten und abnehmender Erwartungen. Auch fehle es der globalen Erholung an Antrieb. Selbst das niedrigere Ziel zu erreichen, "erfordert harte Anstrengungen", sagte Li Keqiang in seiner einstündigen Rede vor den knapp 3000 Delegierten in der Großen Halle des Volkes.

Chinas Militäretat steigt deutlich

Den Krieg in der Ukraine erwähnte Li mit keinem Wort. China steht in der Kritik, weil es die russische Invasion nicht verurteilt und Russlands Präsident Wladimir Putin Rückendeckung gibt. Bemerkenswert im Licht der Kriegseskalation in Europa ist deshalb die Steigerung des Militärbudgets. Während der Gesamthaushalt nur um 3,9 Prozent zulegt, steigt der Militäretat mit 7,1 Prozent so stark wie seit drei Jahren nicht.

Das Finanzministerium veröffentlichte am Sonntag Zahlen, wonach dem Militär umgerechnet 229 Milliarden Dollar zur Verfügung stünden. Im Budget sind allerdings Kosten für Forschung und Entwicklung nicht enthalten. Die Ausgaben für das Militär steigen seit Jahren bereits überproportional zu den sonstigen Staatsausgaben. "Wir werden militärisches Training und die Einsatzbereitschaft erhöhen," sagte Li.

Xi äußerte sich lediglich auf einer Begleitkonferenz zum Volkskongress, in einer Sitzung des politischen Konsultativrats. Staatsmedien zufolge soll er darauf verwiesen haben, dass sich China nicht auf die Versorgung mit Nahrungsmitteln aus der Welt verlassen könne und seine Selbstversorgung verbessern müsse. Die Äußerung steht im direkten Zusammenhang mit der chinesischen Abhängigkeit von Nahrungsmittelimporten aus der Ukraine.

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