China und der Pazifik:Reise zu den Inseln

Lesezeit: 3 min

Arm in Arm: Manasseh Sogavare, der Premierminister der Salomonen, mit dem chinesischen Außenminister Wang Yi. (Foto: Anonymous/AP)

China versucht, die kleinen Staaten Ozeaniens auf seine Seite zu bringen. Australiens neue Regierung hält dagegen. Und die Einheimischen spüren: Die Freiheit steht auf dem Spiel.

Von Thomas Hahn, Tokio

Am Freitag um kurz nach ein Uhr nachmittags Ortszeit erreichte Chinas Außenminister Wang Yi die nächste Station auf seiner achttägigen Pazifikreise: das Atoll Tarawa, einen schmalen, überbevölkerten Inselstreifen in den Meeresweiten zwischen Asien und Amerika, der wegen des Klimawandels vom Untergang bedroht ist.

Die Inselrepublik Kiribati hat hier ihren einzigen Internationalen Flughafen, ihr Parlament, ihre wichtigsten Behörden. Wang Yi traf Präsident Taneti Maamau in dessen Residenz auf Bairiki. Das Büro des Regierungschefs hatte nur sehr diskret über den hohen Besuch berichtet, deshalb wussten selbst lokale Berichterstatter nicht viel mehr, als dass Wang Yi vier Stunden bleiben würde. Und dass seine Anwesenheit "ein wichtiger Meilenstein für die Kiribati-China-Beziehungen" sei.

Chinas Charmeoffensive im pazifischen Raum hat ihre nächste Stufe erreicht. Insgesamt acht Staaten will Wang Yi bis 4. Juni besucht haben, neben Kiribati und den Salomonen, wo er am Donnerstag war, auch Samoa, Fidschi, Tonga, Vanuatu, Papua-Neuguinea und Timor-Leste. Peking will seine Einflusssphäre und Handelswege erweitern und rät dem Rest der Welt, daraus keine zu große Sache zu machen. Aber der Westen befürchtet, dass es China auch um militärstrategisch wertvolle Stellungen im großen Meer zwischen den USA und ihren Partnern Australien und Neuseeland geht. Und für diese Furcht gibt es immer bessere Argumente.

Erst im April hat China mit den Salomonen ein Sicherheitsabkommen abgeschlossen. Anonym veröffentlichte Dokumente zeigten, dass China demnach in Zukunft "die Salomonen mit Schiffen aufsuchen" und dort "logistisch nachladen" kann. Am Donnerstag in Honiara sagte Wang Yi dazu mal wieder: "Es gibt überhaupt keine Absicht, eine Militärbasis aufzubauen." Aber autoritären Ländern zu trauen, hat sich nicht bewährt. China könnte es im Rahmen der Sicherheitsvereinbarung bald nötig finden, auf den Salomonen Stützpunkte zu schaffen, die zwar offiziell keine Militärbasis sind - die man aber als solche nutzen kann. Außerdem wirft China schon die nächsten Köder aus.

Es geht auch um chinesischen Einfluss auf das Internet und den Bildungssektor

Laut Radio New Zealand gibt es in Kiribati Spekulationen über ein ähnliches Sicherheitsabkommen. Außerdem wurde die Kopie einer Pauschalvereinbarung öffentlich, die Wang Yi am Montag wohl bei einem Außenminister-Treffen in Fidschi zehn kleinen Pazifiknationen unterbreiten will. Darin geht es um Fischereirechte, Sicherheitsvereinbarungen, chinesisches Training für Polizeikräfte, Handelsmöglichkeiten. Aber auch um chinesischen Einfluss auf Internetmarkt und Bildungssektor der jeweiligen Länder. Und die Unterzeichner verpflichten sich auf die Ein-China-Politik, nach der das demokratische Taiwan zum machtvollen Einparteienstaat gehört. Plant Peking lauter Little Chinas in den Inselwelten der Südsee?

US-Partner Australien ist jedenfalls mit neuem Elan in den Wettbewerb um die Gunst der Pazifikländer eingestiegen. Der China-Deal der Salomonen hatte auch damit zu tun, dass Australiens konservative Regierung lange glaubte, als großmütiger Entwicklungshelfer und Sicherheitspartner genug für die kleinen Nachbarn zu tun. Aber seit den Parlamentswahlen am 21. Mai gibt es in Canberra eine neue Regierung unter der Labor-Partei. Und die will im Duell mit China nun zeigen, dass sie aus Fehlern lernen kann.

Die erste Dienstreise der neuen australischen Außenministerin Penny Wong musste nach Tokio gehen, zum Treffen des Quad-Sicherheitsforums mit den USA, Japan und Indien. Aber gleich am Montag nach ihrer Vereidigung wandte sie sich in einer Videobotschaft an die Pazifik-Nationen. Sie sagte: "Wir werden zuhören, weil es uns wichtig ist, was der Pazifik zu sagen hat." Sie versprach nachhaltige Hilfe im Kampf gegen den Klimawandel und bessere Jobmöglichkeiten in Australien für pazifische Arbeiterinnen und Arbeiter.

Australien gibt zu, die Pazifik-Staaten nicht respektiert zu haben

Am Donnerstag brach sie dann nach Fidschi auf, wo sie am Freitag Premierminister Frank Bainimarama traf. In einer Ansprache gab sie zu, dass Australien Aktionen gegen den Klimawandel "vernachlässigt" und die Pazifik-Staaten "nicht respektiert" habe. Zu den China-Verbindungen sagte sie: "Ich respektiere das souveräne Recht jeder Nation, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen." Aber es seien eben "keine abstrakten Entscheidungen. Sie betreffen andere Länder und die Region als Ganzes". Es wurde deutlich, dass sie nicht wie die Gesandte des großen Bruders auftreten wollte, der alles besser weiß.

Auch Wang Yi bekannte sich zur Souveränität der Pazifik-Staaten. Trotzdem merken viele schon, dass ein Engagement mit China Freiheit kostet. In Honiara rief der Journalisten-Verband MASI zum Boykott der Pressekonferenz mit Wang auf, weil nur bestimmte Medien und kaum Fragen zugelassen waren. "Laut Programm darf die Presse nur zwei Fragen stellen", sagte MASI-Präsidentin Georgina Kekea. "Wie lächerlich ist das denn?"

Und auch hinter Pekings Pauschalvereinbarung vermutet mancher den Versuch, die Pazifik-Staaten als Plattformen für chinesische Machtansprüche zu nutzen. Diversen Nachrichtenagenturen liegt ein Brief von David Panuelo vor, dem Präsidenten der Föderierten Staaten von Mikronesien. In diesem lehnt er Chinas Vereinbarung ab und warnt seine Amtskollegen davor. Er findet sie gefährlich. Für alle. Durch sie drohe "im besten Fall eine neue Ära des Kalten Krieges", schreibt Panuelo, "im schlimmsten ein Weltkrieg".

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Amerikanische Außenpolitik
:Bidens Botschaft an China

Einen Überfall der Supermacht auf Taiwan können die USA nicht verhindern. Sie können aber den Preis benennen, der zu zahlen wäre. Dies hat der amerikanische Präsident getan.

Von Hubert Wetzel

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: