China:UN-Menschenrechtskommissarin Bachelet reist nach Xinjiang

Die Reise der UN-Kommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, nach China könnte ihrem Amt schaden, sagen Kritiker.

Der Besuch der UN-Kommissarin für Menschenrechte Michelle Bachelet in China darf Peking zufolge nicht "Untersuchung" genannt werden.

(Foto: Fabrice Coffrini/AFP)

Auf ihrer China-Reise will sich die Hohe Kommissarin für Menschenrechte auch ein Bild von der Lage der Uiguren machen. Kritiker warnen vor einer "Tour im pontemkinschen Stil" und fürchten, dass sie ihr Amt beschädigt.

Von Lea Sahay, Peking

Die UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet hat am Montag ihre mehrtägige China-Reise begonnen, es ist der erste Besuch einer hohen Vertreterin seit 17 Jahren in dem Land. Im Vorfeld gab es massive Kritik an den Plänen Bachelets, da die Kommissarin neben einem Halt im südchinesischen Guangzhou auch nach Urumqi und Kashgar in Xinjiang reisen wird.

In der nordwestchinesischen Region haben die chinesischen Behörden seit 2017 mehr als eine Million muslimische Uiguren und Angehörige anderer Minderheiten in Lagern interniert. Bei ihrem Besuch will die Menschenrechtskommissarin mit politischen Vertretern auf nationaler und lokaler Ebene zusammenkommen und Gespräche mit gesellschaftlichen Organisationen, Geschäftsleuten und Akademikern führen, wie ihr Büro vor Beginn der Reise mitteilte.

Beobachter halten es allerdings für fragwürdig, inwieweit es der UN-Vertreterin möglich sein wird, sich unabhängig ein Bild der Lage zu machen. Auch wenn die dramatischen Menschenrechtsverstöße mithilfe von chinesischen Regierungsdokumenten, Satellitenbildern und Augenzeugenberichten hinreichend belegt sind, bestreitet Chinas Regierung sämtliche Vorwürfe. Diese seien von "anti-chinesischen Kräften" frei erfunden worden, um das Land zu schädigen.

In seinem Versuch, Kritik abzuwehren, änderte Peking mehrfach seine Verteidigungsstrategie. Nachdem die Behörden die Existenz der Internierungslager grundsätzlich leugneten, versuchte die Regierung später, sie als "Ausbildungszentren" zu porträtieren. Vor zweieinhalb Jahren erklärte Peking dann, alle "Auszubildenden" hätten ihren Abschluss gemacht.

Michelle Bachelet hatten die chinesischen Behörden 2019, auf dem Höhepunkt der internationalen Proteste, eingeladen, um "sich selbst ein Bild zu machen". Ein Besuch war bis zuletzt nicht zustande gekommen, weil sich beide Seiten nicht auf die Bedingungen für die Reise einigen konnten.

Der Zugang zur Region ist seit Jahren eingeschränkt. Während Uiguren zum größten Teil Xinjiang nicht verlassen können, werden Journalisten vor Ort überwacht und bei ihren Recherchen behindert. Seit Ausbruch des Coronavirus sind diese aufgrund von Quarantänemaßnahmen, die noch strikter sind als im Rest des Landes, faktisch unmöglich geworden. Dafür setzt die Regierung auf eine umfassende Propaganda-Kampagne, Staatsmedien und bezahlte Blogger, die das angeblich glückliche und freie Leben der Uiguren dokumentieren sollen.

Die Interparlamentarische Allianz zu China, ein parteiübergreifender Zusammenschluss von mehr als 40 Abgeordneten aus 18 Ländern, warnte Bachelet vor Beginn der Reise vor einer "Tour im potemkinschen Stil". Die Bedingungen für einen Besuch, darunter Bewegungsfreiheit, uneingeschränkter Kontakt zur Zivilgesellschaft und vertraulicher Zugang zu Augenzeugen seien faktisch unmöglich. Es stehe sehr viel auf dem Spiel. "Sollte es der Hohen Kommissarin nicht gelingen, den für eine aussagekräftige Untersuchung erforderlichen Zugang zu erhalten, könnte die Glaubwürdigkeit des Amtes dauerhaften Schaden nehmen."

Ende Januar berichtete die Hongkonger South China Morning Post unter Berufung auf einen Insider, dass die Bedingung für den jetzigen Besuch von chinesischer Seite sei, dass dieser von "freundlicher Natur" sei. Außerdem dürfe er nicht als "Untersuchung" bezeichnet werden. Die Behörden sollen Bachelet zudem gebeten haben, einen Bericht über die Lage in Xinjiang zurückzuhalten. Im September hatte die hohe Vertreterin die baldige Fertigstellung bestätigt, veröffentlicht wurde er nie.

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