Menschenrechte in China:Hongkong verhindert Einreise eines deutschen China-Experten

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Schon 2018 wurde David Missal aus China ausgewiesen. Damals hatte er in Peking studiert und zur Verfolgung von Menschenrechtsanwälten recherchiert. (Foto: Privat/dpa)

Der stellvertretende Geschäftsführer der Tibet-Initiative Deutschland, David Missal, wird stundenlang am Flughafen festgehalten. Gründe nennen die Behörden nicht.

Von Lea Sahay, Peking

Der stellvertretende Geschäftsführer der „Tibet-Initiative Deutschland“, David Missal, ist in der Nacht auf Sonntag an einer Einreise nach Hongkong gehindert worden. Kurz vor Mitternacht war der deutsche China-Experte am Hongkonger Flughafen gelandet und bei der Passkontrolle von Grenzpolizisten gestoppt worden. Etwa 13 Stunden lang wurde Missal in einem „Raum ohne Tageslicht“ festgehalten und befragt, wie der 30-Jährige der Süddeutschen Zeitung sagte. Später verweigerten die Behörden dem Aktivisten eine Einreise. Einen Grund nannten die Beamten laut Missal nicht.

Der stellvertretende Geschäftsführer der Tibet-Initiative Deutschland ist auch Mitgründer der Organisation „Freiheit für Hongkong“. Der Berliner Verein wurde im Jahr 2022 von Aktivisten aus Deutschland und Hongkong gegründet und setzt sich für die Demokratiebewegung in der Sonderverwaltungszone ein. Ursprünglich hatte Missal dort einen dreitägigen Urlaubsaufenthalt geplant. Nachdem die Behörden ihn abgewiesen hatten, eskortierten mehrere Beamte in Zivil den Deutschen zu einem vorgezogenen Anschlussflug, um sicherzugehen, dass er die Stadt verlässt.

Inzwischen sitzen Tausende Aktivisten in Haft oder haben das Land verlassen

2018 hatte Missal in Peking an der Tsinghua-Universität Journalismus studiert und war ausgewiesen worden, nachdem er als Teil eines Uniprojekts über die Verfolgung von Menschenrechtsanwälten recherchiert hatte. Nach seiner Ausweisung setzte er sein Studium in Hongkong fort und berichtete 2019 von dort als Journalist, als ein umstrittener Gesetzesentwurf zu Massenprotesten führte. Im selben Jahr wurde Missal von Amnesty International für seine Arbeit mit dem Human Rights Press Award ausgezeichnet.

Peking schlug die Bewegung damals mit Gewalt nieder und erließ im Jahr 2020 ein neues Sicherheitsgesetz. Tausende Hongkonger Aktivisten, Journalisten und Anwälte sitzen seitdem in Haft oder haben das Land verlassen. Nach seiner Abweisung am Sonntag erklärte Missal: „2018 konnte ich noch vor Chinas Zensurregime nach Hongkong fliehen. Das ist offenkundig Geschichte.“

Am Samstag war Missal mit einer Maschine aus Peking gekommen. Deutsche Staatsbürger dürfen seit Dezember für geschäftliche und touristische Reisen ohne Visum nach Festlandchina einreisen, wenn sie weniger als 15 Tage bleiben. Warum die Hongkonger Behörden Missal eine Weiterreise in die Finanzmetropole verweigerten, während er sich in Festlandchina aufhalten durfte, ist unklar. Im April war bereits eine Mitarbeiterin von Reporter ohne Grenzen an einer Einreise nach Hongkong gehindert worden. Diese befand sich auf einer Dienstreise, um das Gerichtsverfahren gegen den Verleger und Demokratie-Aktivisten Jimmy Lai zu verfolgen.

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