Angebliche Spionage:China stellt weiteren Kanadier in Geheimprozess vor Gericht

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Polizisten sichern ein Gerichtsgebäude in Peking. (Foto: Andy Wong/dpa)

Der Mann muss sich hinter verschlossenen Türen wegen Spionagevorwürfen verantworten. Diplomaten sehen darin eine Art Vergeltungsaktion Chinas.

Hinter verschlossenen Türen ist in Peking einem weiteren Kanadier wegen angeblicher Spionage der Prozess gemacht worden. Diplomaten aus 26 Ländern, darunter Deutschland, suchten vergeblich Zugang zu dem Verfahren. Der ehemalige Diplomat Michael Kovrig war neben dem Geschäftsmann Michael Spavor vor gut zwei Jahren in Haft genommen worden.

Diplomaten sehen darin eine "Vergeltungsaktion" für die Festnahme der Finanzchefin des chinesischen Telekom-Konzerns Huawei, Meng Wanzhou, vor gut zwei Jahren in Kanada. Die Kanadier wurden wenige Tage später festgenommen. Peking wird deshalb "Geiseldiplomatie" vorgeworfen. Zum Zeitpunkt seiner Festnahme arbeitete Kovrig als Experte für die Denkfabrik International Crisis Group in China.

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"Er wurde willkürlich inhaftiert", sagte der Geschäftsträger der kanadischen Botschaft in Peking, Jim Nickel, vor dem Zweiten Mittleren Volksgericht vor Journalisten. Auch das Gerichtsverfahren gegen Kovrig an sich sei "nicht transparent". "Wir sind sehr beunruhigt deswegen." Der Ausschluss von Diplomaten verstoße gegen internationale Vereinbarungen, die China unterzeichnet habe. Als Grund habe die chinesische Seite angegeben, dass dies ein "sogenannter Fall von nationaler Sicherheit" sei und deswegen unter Ausschluss der Öffentlichkeit hinter geschlossenen Gerichtstüren verhandelt werde.

Nickel dankte für die internationale Unterstützung und forderte Kovrigs "sofortige Freilassung". Bereits am Freitag war sein Landsmann Spavor, der in China ein Unternehmen zum Kulturaustausch mit Nordkorea leitete, in der nordostchinesischen Stadt Dandong ebenfalls wegen Spionage vor Gericht gestellt worden. Zuschauer und Diplomaten durften auch an diesem ersten Prozess nicht teilnehmen, weil es angeblich um Staatsgeheimnisse ging.

Kanadas Premierminister Justin Trudeau hatte die "willkürlichen Inhaftierungen" und Geheimprozesse als "völlig inakzeptabel" kritisiert. Beiden Angeklagten drohen lange Haftstrafen. Wann die Urteile verkündet werden, ist unklar. Guy Saint-Jacques, ehemals kanadischer Botschafter in China, sagte dem kanadischen Fernsehsender CTV zu den Prozessen: "Das ist alles abgekartet. Es ist ein Schwindel." Er rechne mit einem Schuldspruch.

Kovrigs Frau Vina Nadjibulla sagte dem Sender: "Egal, was am Montag passiert, Michaels Unschuld steht außer Frage." Es müsse weiter daran gearbeitet werden, eine Freilassung zu erreichen. "Die Tatsache, dass dies eine ungerechte, willkürliche Inhaftierung ist, wird sich nicht irgendwie ändern."

Derweil wartet die Huawei-Finanzchefin Meng Wanzhou - Tochter des Unternehmensgründers Ren Zhengfei - in Kanada weiter auf eine Entscheidung über ihre mögliche Auslieferung in die USA. Sie war im Dezember 2018 auf Betreiben der US-Behörden in Vancouver festgenommen worden. Die US-Regierung wirft ihr Bankbetrug im Zusammenhang mit der Umgehung von Sanktionen gegen Iran vor. Meng steht in Kanada unter Hausarrest, während das Auslieferungsverfahren läuft. Bei einer Verurteilung in den USA droht ihr eine lange Haftstrafe.

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