Süddeutsche Zeitung

China:Flucht aus Hongkong

Die Friedrich-Naumann-Stiftung zieht sich aus Hongkong zurück. Die politische Stiftung sieht die Sicherheit ihrer Mitarbeiter in Gefahr. Die lokalen Mitarbeiter werden entlassen. Einen Plan für sie scheint es bisher nicht zu geben.

Von Lea Deuber, Peking

Die Friedrich-Naumann-Stiftung zieht sich aus Hongkong zurück. Anfang der Woche hat die FDP-nahe Stiftung ihr Büro in der chinesischen Sonderverwaltungszone geschlossen und ihren lokalen Mitarbeitern Kündigungen ausgesprochen, wie die Süddeutsche Zeitung exklusiv erfuhr. In Hongkong hatte das Gerücht in der deutschen Community schon länger die Runde gemacht. Ein Sprecher der Stiftung wollte die Vorgänge am Mittwoch nicht öffentlich kommentieren. Das deutsche Generalkonsulat in Hongkong erklärte, keine Informationen über eine Schließung zu haben.

Erst im Juli vergangenen Jahres hatte die Stiftung die offizielle Eröffnung ihres neuen Büros in Hongkong gefeiert. Dynamisch auf Innovationen reagieren und Trends selber setzen, statt einfach nur mitzumachen, so lautete damals der Slogan für den "Global Innovation Hub". Angereist für die Feierlichkeiten war sogar FDP-Parteichef Christian Lindner. "Ich bin froh, dass die Stiftung den Standort Hongkong gewählt hat", sagte er damals. "Als Liberale wissen wir, dass wirtschaftliche und gesellschaftliche Freiheit unteilbar ist", erklärte Lindner. "Das Team wird hier großartige Arbeit leisten."

Nur etwas mehr als ein Jahr später ist es mit der Euphorie vorbei. Grund für die Schließung des Büros soll die Erkenntnis sein, dass die Stiftung die Sicherheit der Mitarbeiter spätestens seit Inkrafttreten des neuen Gesetztes zur Staatssicherheit Ende Juni nicht mehr garantieren kann. Dieses bedeutete faktisch das Ende des Prinzips "Ein Land, zwei Systeme", das der ehemaligen britischen Kolonie eigentlich bis 2047 weitgehende Autonomie und freiheitliche Grundrechte zusichern sollte. Der Zustand von Presse- und Meinungsfreiheit, Rechtsstaatlichkeit und Freiheits- und Grundrechten in Hongkong nähere sich rapide dem in Festlandchina an, sagte Gyde Jensen (FDP), Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte des Bundestages, der SZ. "Ich appelliere hier auch an die Bundesregierung, den Ton gegenüber Peking endlich merklich zu verschärfen."

In Hongkong sind auch die Konrad-Adenauer-Stiftung und die Heinrich-Böll-Stiftung aktiv. Beide waren am Mittwoch zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Bislang ist unklar, welche Auswirkungen das Gesetz auf lokale Mitarbeiter und Partner internationaler Organisationen hat - während ihrer aktiven Dienstzeit, aber auch nach einer Entlassung wie im Fall der Friedrich-Naumann-Stiftung. Diese hatte bis zuletzt einen aus Deutschland entsandten Mitarbeiter und bis zu vier lokale Angestellte in Hongkong beschäftigt.

Erst am Dienstag hatte Großbritannien seine Reisehinweise für China verschärft und seine Bürger vor willkürlichen Festnahmen gewarnt. Die Behörden in der Volksrepublik hätten mehrere Ausländer festgenommen und ihnen unter anderem Gefährdung der nationalen Sicherheit vorgeworfen, heißt es in der jüngsten Reisewarnung auf der Website des britischen Außenministeriums.

Ein Sprecher der britischen Botschaft in Peking sagte, die Hinweise seien aktualisiert worden, um auf die jüngsten Vorfälle zu reagieren. Mehrere Ausländer wurden nach dem neuen sogenannten Sicherheitsgesetz in Hongkong festgenommen, ihnen wurde vorgeworfen, kriminelle Handlungen unternommen zu haben, die die nationale Sicherheit Chinas gefährden. Unter den Festgenommenen sind Kanadier, Australier, Japaner und mindestens ein US-Bürger.

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