China:Bachelor in Hochzeitsplanung

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In China werden immer weniger Kinder geboren. Grund genug für den Staat, junge Menschen ans Heiraten heranzuführen. (Foto: Ran Chuangchang/dpa)

Studierende können in Peking nun einen Abschluss in Ehe-Management machen. Ob sich damit der Geburtenrückgang in China stoppen lässt?

Von Florian Müller, Peking

Wer in China heiraten will, muss einiges mitbringen: Männer sollten etwa eine Wohnung besitzen, einen Abschluss einer renommierten Universität in der Tasche haben und einer hoch bezahlten Arbeit nachgehen. Auch der traditionelle Brautpreis will bezahlt sein, häufig ein Vielfaches eines Jahreseinkommens. Frauen wiederum sollen einen soliden Beruf haben, etwa als Lehrerin, der Zeit für die Familie lässt, und sie dürfen nicht älter als 30 Jahre alt sein. So diktieren es die sozialen Normen. Kein Wunder also, dass kaum noch jemand Lust auf den Bund der Ehe hat: Heirateten 2013 noch 13,5 Millionen Paare, waren es zehn Jahre später nur noch 7,7 Millionen.

Doch das soll sich nun ändern: Neuerdings können Studierende in China einen Abschluss in „Eheservice und -management“ machen. „Derzeit konzentrieren sich die meisten Studiengänge, die mit der Ehe zu tun haben, auf den kleinen Bereich der Hochzeiten“, sagte Yu Xiaohui, Dekan der Schule für Hochzeitskultur und Medienkünste an der neu gegründeten Fachhochschule für öffentliche Angelegenheiten in Peking, chinesischen Staatsmedien. Der neue Studiengang sei viel breiter angelegt: „Das fängt schon vor der Familiengründung an: bei der Partnervermittlung, der vorehelichen Beratung, der Anmeldung der Eheschließung, der Trauung, und geht weiter bis zur Beratung vor der Scheidung.“

In China ist es besonders teuer, ein Kind großzuziehen

Einige Module sind praxisorientiert, etwa die Hochzeitsplanung und die Gestaltung von Online-Partnervermittlungsportalen. Auch die Theorie kommt mit Kursen in Management, Soziologie, Psychologie, Ehe- und Familienkultur sowie Familienethik im vierjährigen Programm nicht zu kurz. Im September soll die erste Kohorte mit 70 Studierenden aus ganz China anfangen. Die Regierung messe dem Aufbau glücklicher Familien mehr Bedeutung bei, erklärte Yu weiter. Gleichzeitig seien die Ansprüche der Gesellschaft gestiegen, weswegen es mehr Ehe-Experten brauche.

Dass der Staat dem Eheleben seiner Bürger nun stärkere Bedeutung beimisst, liegt an der demografischen Krise in China: Es werden immer weniger Kinder geboren. Einer der Hauptgründe dafür ist, dass China im weltweiten Vergleich mit das teuerste Land zum Kindergroßziehen ist. Auch die mittlerweile abgeschaffte Ein-Kind-Politik, bei der die Kommunistische Partei mittels Zwangsabtreibungen und Sterilisierungen das Bevölkerungswachstum unter Kontrolle bekommen wollte, hat dazu beigetragen. Um den Trend umzukehren, erhöhen viele Lokalregierungen finanzielle Anreize zum Kinderkriegen. Auch organisieren örtliche Parteigruppierungen wie die All-Chinesische Frauenvereinigung oder die Kommunistische Jugendliga mittlerweile Speeddating-Events, um Heiratswillige zusammenzubringen. Sie experimentieren zudem mit staatlichen Dating-Apps. Die Erfolge sind bislang überschaubar: Die Geburtenrate hat sich im vergangenen Jahrzehnt halbiert.

Falls es für die Studierenden mit dem Einstieg in den Heiratsmarkt nichts wird, bietet die Pekinger Hochschule die passende Alternative an: Beerdigungsmanagement. Angesichts der rasanten Überalterung der chinesischen Gesellschaft winkt eine krisensichere Zukunft.

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