Bundesaußenminister Sigmar Gabriel besuchte am Mittwoch China, und wenn es Neues zu berichten gibt, dann dies: Gabriel kann auch Diplomatie. Der letzte Chinabesuch Gabriels verlief ziemlich frostig, das ist erst ein halbes Jahr her: Gabriel war noch Wirtschaftsminister und hatte China "Foulspiel" vorgeworfen, weil das Land eine aggressive Hi-Tech-Einkaufspolitik verfolgt, während es gleichzeitig die Märkte zuhause abschließt. Die beleidigten Chinesen ließen gleich mehrere Termine platzen.
Was Sigmar Gabriel damals beklagte, hat sich bis heute nicht geändert. Geändert hat sich jedoch die politische Großwetterlage, und geändert hat sich der Posten Gabriels. Am Mittwoch jedenfalls waren beide Seiten in Peking fest entschlossen, einander den Tag mit wohlklingenden Worten zu versüßen. Und so sprach Gabriel den Brandherd Nordkorea an, und lobte gleichzeitig Chinas Führung dafür, dass sie bereit sei, "Verantwortung zu übernehmen".
Er forderte erneut "faire Bedingungen" für europäische Unternehmen, fand jedoch auch hier einen Anlass, Chinas Regierung zu loben, und zwar dafür, dass sie versprochen habe, den Streit um eine Elektroautoquote im Sinne der deutschen Hersteller beizulegen.
Es war ein Blitzbesuch, die Antrittsvisite Gabriels als Außenminister. Ausgefüllt war der Tag zu einem großen Teil nicht von den politischen Gesprächen, sondern von einem neuen Dialogforum zwischen beiden Ländern. Von solchen Foren gibt es schon mehrere Dutzend, das neue nun war als "People-to-people-Dialog" angekündigt, was bei manchen die Frage aufwarf, wer denn eigentlich in den anderen Foren miteinander rede, wenn nicht, nun ja, Leute.
Auf deutscher Seite sah man jedenfalls Sportler, Theaterleute, Wissenschaftler und Stiftungsabgesandte. Die chinesische stellvertretende Ministerpräsidentin Liu Yandong sagte, man müsse den "Austausch erden" und "den Menschen in den Mittelpunkt stellen", im Saal dominierten derweil chinesische Regierungsvertreter. Gabriel erhoffte sich in seiner Rede "etwas, was die Lebensfreude von Menschen in unsere Beziehungen bringt". Liu beschwor eine "Schicksalsgemeinschaft der Völker" und den Weltfrieden.
Am ersten Tag wurde unter anderem schon einmal über Jugendaustausch und Berufsbildung gesprochen, eine kleine Ausstellung beschwor die gemeinsame Leidenschaft Fußball und stellte zudem klar, wo der Fußball erfunden wurde, nämlich vor 2000 Jahren als "Cuju"-Spiel in China.
China kommt Deutschland bei NGOs entgegen
Das Forum war eine Idee und ein Wunsch Pekings. Die deutsche Seite willigte offenbar erst dann ein, als klar war, dass China im Vorfeld die letzten Hürden zur Registrierung der deutschen politischen Stiftungen zur Seite geräumt hatte: eine Geste des Entgegenkommens. Seit der Verabschiedung eines NGO-Gesetzes Anfang des Jahres war die Zukunft der Stiftungen in China unklar gewesen, sie waren technisch illegal. Erst einen Tag vor dem Besuch Gabriels wurde die letzte deutsche politische Stiftung akkreditiert.
Dialogforen zwischen Deutschland und China gibt es schon mehrere Dutzend, die bekanntesten sind die zu den Themen Menschenrechte und Rechtsstaat. Der Rechtsstaatsdialog hatte erst Anfang diesen Monats wieder stattgefunden und war von einigen Teilnehmern als zunehmend frustrierend empfunden worden: Direkt zum Auftakt wurde bekannt, dass China den Prozess gegen den bekannten Bürgerrechtsanwalt Xie Yang eröffnet hatte, der zuvor mit einem Folterbericht für Aufsehen gesorgt hatte.
"In China nimmt die Repression gegen die Zivilgesellschaft zu und der Einfluss des Westens wird von der Partei aktiv zurückgedrängt", sagte einer der in Peking ansässigen deutschen Teilnehmer, "und wir sind hier Staffage für eine Veranstaltung, in der China dem Ausland vorführen will, wie angeblich offen sie sind."