Süddeutsche Zeitung

Handelspolitik:EU und China einigen sich auf Wirtschaftsabkommen

Am Mittwoch soll der Abschluss verkündet werden. Der Vertrag hilft europäischen Firmen, Kritiker bemängeln zu laxe Regeln.

Von Björn Finke, Brüssel

Das ebenso bahnbrechende wie umstrittene Investitionsschutzabkommen der EU mit China soll an diesem Mittwoch abgeschlossen werden. Die Verhandlungen auf Expertenebene seien beendet, und der zuständige Kommissions-Vizepräsident Valdis Dombrovskis habe seiner Chefin Ursula von der Leyen daher eine politische Grundsatzeinigung mit Peking empfohlen, heißt es aus der Brüsseler Behörde. Dieser Schritt soll am Mittwoch bei einem Gespräch der Deutschen mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping erfolgen.

Die Verhandlungen begannen bereits vor sieben Jahren und machten erst kürzlich bedeutende Fortschritte. Peking habe nun bei den drei Säulen des Vertrags "die nötigen substanziellen Zusagen" abgegeben: beim besseren Marktzugang für europäische Firmen, bei fairen Wettbewerbsbedingungen sowie bei Umwelt- und Sozialstandards, sagen Brüsseler Insider. Es sei das "ehrgeizigste" Verhandlungsergebnis, auf das sich Peking bislang eingelassen habe, und gehe zum Beispiel über den Handelsdeal hinaus, den US-Präsident Donald Trump mit China abgeschlossen hat.

Aber die Einigung am Mittwoch ist nur der erste Schritt

In Brüssel wird jedoch betont, dass die Einigung am Mittwoch nur der erste Schritt in einem monatelangen Verfahren sei. Neben den Mitgliedstaaten muss auch das Europaparlament zustimmen, nicht aber nationale Parlamente. Dem EU-Parlament sind vor allem Vorschriften zum Arbeitnehmerschutz wichtig, etwa ein Verbot von Zwangsarbeit. So werfen Kritiker China vor, die unterdrückte Minderheit der Uiguren als Zwangsarbeiter einzusetzen. Nach Angaben aus Brüssel hat Peking erstmals in einem Abkommen "solide Vorgaben" für Umwelt und Soziales akzeptiert. Peking wolle "dauerhafte und nachhaltige Anstrengungen" unternehmen, die Regeln der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) gegen Zwangsarbeit zu ratifizieren.

Dem grünen Europaabgeordneten Reinhard Bütikofer geht das allerdings nicht weit genug: Die EU-Kommission wolle sich "beim Thema Zwangsarbeit mit einem oberflächlichen Lippenbekenntnis zufriedengeben, anstatt wenigstens auf einen Zeitplan für die Ratifizierung der ILO-Konventionen zu bestehen, wie das im Falle des Freihandelsabkommens mit Vietnam der Fall war", klagt der Vorsitzende der China-Delegation des EU-Parlaments. Zudem moniert Bütikofer, dass die EU Fakten schaffe, ohne sich mit dem designierten US-Präsidenten Joe Biden über eine gemeinsame China-Politik abgestimmt zu haben. Tatsächlich schrieb Bidens künftiger Sicherheitsberater Jake Sullivan auf Twitter, dass die neue Regierung "frühe Beratungen mit unseren europäischen Partnern über gemeinsame Sorgen mit Blick auf Chinas Praktiken" begrüßen würde.

Der Vertrag soll EU-Unternehmen einfacheren Zugang zum riesigen chinesischen Markt bieten, etwa in der Finanz-, Gesundheits-, Auto- und Internetbranche. Die Firmen sollen auch besser geschützt werden gegen den Zwangstransfer von Technologien oder unfaires Verhalten von Staatsbetrieben. Zudem soll Peking offener über Subventionen informieren.

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