Süddeutsche Zeitung

Menschenrechtsverletzungen:EU verhängt Sanktionen gegen China

Die Strafmaßnahmen richten sich gegen Verantwortliche für die Unterdrückung der muslimischen Minderheit der Uiguren. China verkündet Gegensanktionen.

Die Außenminister der 27 EU-Mitgliedstaaten haben bei einer Tagung Sanktionen wegen Menschenrechtsverletzungen in China beschlossen. Es sind die ersten EU-Sanktionen wegen Menschenrechtsverletzungen seit mehr als 30 Jahren. Die Strafmaßnahmen richten sich gegen Verantwortliche für die Unterdrückung der muslimischen Minderheit der Uiguren in der chinesischen Region Xinjiang.

Die Sanktionen sehen vor, dass sämtliche Vermögenswerte der betroffenen natürlichen oder juristischen Personen eingefroren werden. Außerdem dürfen ihnen kein Geld oder wirtschaftliche Ressourcen mehr zur Verfügung gestellt werden. Die Einreise in die EU ist ihnen nun ebenfalls verboten. Zu den vier betroffenen Chinesen zählen laut dem aktuellen EU-Amtsblatt der Direktor des Büros für öffentliche Sicherheit von Xinjiang, Chen Mingguo, sowie Vertreter des Parteikomitees des Uigurischen Autonomen Gebiets Xinjiang. Zudem wurde das Büro für öffentliche Sicherheit als Institution in die EU-Sanktionsliste aufgenommen. Der US-amerikanischen Zeitung Politico zufolge wollen auch die USA, Großbritannien und Kanada zeitnah Sanktionen verkünden.

Die chinesische Regierung reagierte umgehend auf die EU-Sanktionen. Das Außenministerium veröffentlichte eine Stellungnahme, in der es Sanktionen gegen vier Einrichtungen und zehn Personen ankündigte, die künftig nicht mehr nach China einreisen und keine Geschäfte mehr mit dem Land führen dürfen. Davon betroffen sind unter anderem die deutschen EU-Abgeordneten Reinhard Bütikofer (Grüne), Michael Gahler (CDU), der Uiguren-Forscher Adrian Zenz, das Politische und Sicherheitspolitische Komitee der EU und das deutsche Mercator Institute for China Studies.

In dem Schreiben des Außenministeriums heißt es, die Sanktionen der EU basierten "auf nichts als Lügen und Desinformation" und würden die Beziehungen zwischen der EU und China "ernsthaft untergraben". Die EU müsse ihre Fehler nun anerkennen und korrigieren, sonst werde China "entschlossen weitere Reaktionen zeigen". Bütikofer kommentierte die Sanktionen auf Twitter und schrieb: "Die chinesische Führung hat mich wissen lassen, dass ich weder das Festland noch Hongkong oder Macao besuchen darf. Aber dann ist da noch Taiwan. :-)".

Zuletzt gab es solche Sanktionen 1989

Wegen Menschenrechtsverletzungen hatte die EU zuletzt nach dem Massaker am Platz des Himmlischen Friedens in Peking im Jahr 1989 Strafmaßnahmen gegen China verhängt. Sie umfassen unter anderem ein Waffenembargo, das bis heute gilt. Bei der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung waren bei einem Einsatz der Volksbefreiungsarmee gegen friedliche Demonstranten Hunderte Menschen ums Leben gekommen. Die genaue Zahl ist bis heute nicht bekannt.

Bereits im vergangenen Jahr hatte sich Peking "tief besorgt" über EU-Sanktionen gezeigt, die wegen Cyberangriffen gegen ein Unternehmen und zwei Hacker aus China verhängt wurden. Die Betroffenen haben nach Auffassung der EU weltweit Informationssysteme multinationaler Unternehmen angegriffen.

Die neuen Sanktionen sind nun wegen des chinesischen Umgangs mit den Uiguren beschlossen worden. Menschenrechtsgruppen schätzen, dass Hunderttausende Uiguren, Kasachen, Hui oder Mitglieder anderer Minderheiten in Xinjiang in Umerziehungslager gesteckt worden sind. Deutschland kritisiert den Umgang Chinas mit den Uiguren bereits seit Langem. China weist die Vorwürfe hingegen zurück und spricht von Fortbildungszentren.

Uiguren sind eine turksprachige Ethnie und werden in Xinjiang von den herrschenden Han-Chinesen unterdrückt. Nach ihrer Machtübernahme 1949 in Peking hatten die Kommunisten das frühere Ostturkestan der Volksrepublik einverleibt. Peking wirft uigurischen Gruppen Terrorismus vor.

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