Chinas Staatschef in Italien:Wie der reiche Onkel aus Fernost 

Chinas Staatschef in Italien: Chinas Staatspräsident Xi Jinping (links) und Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella in Rom.

Chinas Staatspräsident Xi Jinping (links) und Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella in Rom.

(Foto: AFP)
  • Italien hat Chinas Staatschef Xi Jinping mit höchsten Ehren empfangen. Nichts sollte stören.
  • Italien ist das erste bedeutende, westliche Land, das Xis Projekt einer "neuen Seidenstraße" unterstützt.
  • Die Regierung und Rom musste sich in den vergangenen Wochen oft den Vorwurf anhören, sie agiere naiv.

Von Oliver Meiler, Rom

Sogar die Cristoforo Colombo haben sie geputzt, rote Blumen gesetzt im Hochbeet zwischen den beiden Fahrbahnen und den Wochenendverkehr gestoppt. Als Xi Jinping und sein Tross die römische Ausfallstraße zum Flughafen befuhren, sah es da so frühlingshaft schön und aufgeräumt aus wie noch nie.

Rom hat alles gegeben für den Empfang des "neuen Kaisers der Welt", wie die italienischen Zeitungen den chinesischen Staatschef in seltener Harmonie nannten, einige mit ironischem Unterton. La Stampa schrieb von einem Protokoll aus einer anderen Zeit. In den Quirinalspalast wurde Xi von Corazzieri hoch zu Pferd eskortiert, der Prachtabordnung der Carabinieri. "Das haben wir hier seit dem Besuch von Königin Elizabeth 1961 nicht mehr erlebt." Kaiserlich eben.

Italien ist das erste bedeutende, westliche Land, das Xis umstrittene Belt-and-Road-Initiative unterstützt, ein gigantisches Handels- und Infrastrukturprojekt mit neuen Straßen, Bahnverbindungen, Häfen, Flughäfen und Mobilfunknetzen zwischen Asien, Afrika und Europa. Wie ein reicher Onkel aus Fernost wurde er umgarnt.

Nichts sollte stören: Den Tibetern wies man für ihre Protestkundgebung einen Platz außerhalb des historischen Zentrums zu. Xis Frau erhielt viel Lob für ihre modische Stilsicherheit, was etwas heißen will, die Italiener sind schließlich Weltmeister darin. Zum Abschied sagte Xi, sein Besuch sei "ein großer Erfolg" gewesen. Aus seiner Sicht war er das bestimmt.

Dank dem Mittun Italiens, des G-7-Staats, wird der "neuen Seidenstraße" eine politische Legitimität zuteil, die ihr bisher fehlte. Wenn Xi am Dienstag nach drei Tagen Rom, einem Tag Palermo und einem Zwischenstopp in Monaco in Paris vorbeischaut, wird der Empfang da wohl nüchterner ausfallen. Er trifft sich mit Emmanuel Macron, Angela Merkel und Jean-Claude Juncker, die sich alle - mehr oder weniger - über Italiens Solo geärgert haben. China ist ein systemischer Rivale Europas, ein wachsender und ambitionierter. Dem sollte man besser immer vereint begegnen, finden die Kritiker Italiens. Als EU.

Chinesen und Italiener haben nun also ihre viel diskutierte, bilaterale Rahmenvereinbarung zur Belt-and-Road-Initiative unterzeichnet. Die Erklärung wurde bis in die letzte Minute mehrmals korrigiert. Sieben Seiten lang ist sie geworden, also um einiges länger, als es der durchgestochene Entwurf vermuten ließ. Es kommt darin oft das Wort "reciproco" vor, also wechselseitig. Beide Seiten sollen auf ihre Rechnung kommen. Die Seidenstraße, sagte Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella, müsse "zweibahnig" sein.

Ist das Illusion? Italiens Regierung musste sich in den vergangenen Wochen oft den Vorwurf anhören, sie agiere naiv. Als hoch verschuldetes Land, das gerade wieder in die Rezession gerutscht sei, drohe Italien, schnell in chinesische Abhängigkeit zu geraten - und in eine Schuldenfalle. Um diese Sorge möglichst zu zerstreuen, brauchte Premier Giuseppe Conte ständig den englischen Begriff "Level playing field". Er meint damit, dass in diesem Spiel alle Beteiligten dieselben Bedingungen hätten.

Wichtig wären zum Beispiel klare Regeln bei der Vergabe von Bauaufträgen. China ist es gewohnt, seine Investitionen in ausländische Infrastrukturen eigenen Firmen zukommen zu lassen. Im Memorandum of Understanding, einem nicht bindenden Papier, heißt es, die Parteien würden sich "im Rahmen" der Asian Infrastructure Investment Bank, der AIIB, bewegen. Außerdem müssten jeweils nationale Gesetze und internationale Verpflichtungen befolgt werden. Im Fall von Italien würden demnach europäische Standards und Recht gelten.

Italiens Minister uneins über China-Kurs

In Rom wurde jetzt aber auch eine Reihe von Abkommen unterzeichnet, von denen manche schon ziemlich weit gediehen sind. Beim Ausbau der Häfen von Triest und Genua, die dereinst als Drehscheiben am europäischen Ende der maritimen Seidenstraße stehen könnten, hat man sich auf eine Kooperation mit der China Communications Construction Company geeinigt. So heißt ein Baukoloss aus Peking, der mehr als 150 000 Mitarbeiter beschäftigt. Ob diese Kooperation tatsächlich noch einmal ausgeschrieben wird?

Offen ist auch, wie Italien mit Huawei verfährt, dem Netzwerkbauer aus China. Die Sorge um die Datensicherheit, so Huawei in Italien den neuen Mobilfunkstandard 5G aufbaut, treibt nicht nur die USA um. Zeitweise sah es so aus, als würden beide Parteien die Telekommunikation aus dem Memorandum streichen, um die Kritiker zu besänftigen. Der Punkt steht aber immer noch da, im Paragraf II., wo die geplanten Infrastrukturen aufgelistet sind.

Auch Italiens Innenminister Matteo Salvini von der Lega ist skeptisch, er ist es offenbar insgesamt: An keinem Anlass mit Xi nahm er teil. "Es soll mir keiner kommen und behaupten, China sei ein Land mit einem freien Markt", sagte er.

Sein Regierungspartner, Industrieminister Luigi Di Maio von den Cinque Stelle, der den Deal vorangetrieben hatte, erwiderte pikiert: "Salvini soll reden, ich muss handeln." Die unterzeichneten Abkommen hätten "einen Wert von 2,5 Milliarden und ein Potenzial von zwanzig Milliarden".

Italien darf in Zukunft Rindersamen, tiefgefrorenes Schweinefleisch, einige Fußballspiele und Orangen nach China exportieren. Als Xi fragte, warum viele Orangen aus Sizilien so rot seien, sagte man ihm, dieses intensive Rot der Blutorangen komme von der Hitze, der unvergleichlichen. Und vom Feuer des Ätna.

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