Wettlauf um Corona-Impfstoff:Chinas riskantes Experiment

Lesezeit: 2 min

Während Pharmafirmen aus den USA, Großbritannien und Deutschland mit Studien zur Wirksamkeit ihrer Vakzine erst beginnen, wird ihn China und Russland schon geimpft. Symbolbild (Foto: DIEGO VARA/REUTERS)

Chinesische Regierungsvertreter sagen, sie verabreichten medizinischem Personal bereits seit Ende Juli einen Impfstoff - also noch vor Russland. Doch in beiden Ländern handelt es sich um Vakzine ohne Zulassung.

Von Lea Deuber, Peking

Im globalen Wettlauf um einen Impfstoff gegen das Coronavirus scheint sich Peking um den ersten Platz betrogen zu fühlen. Nur so lässt sich der Auftritt chinesischer Regierungsvertreter in Peking am Samstag erklären. Sie gaben bekannt, medizinisches Personal und Angehörige anderer Risikogruppen wie Flughafenmitarbeiter würden bereits seit Ende Juli mit einem Impfstoff immunisiert. Dieser wäre damit drei Wochen vor dem ersten Impfstoff aus Russland im Einsatz gewesen.

Während Pharmafirmen aus den USA, Großbritannien und Deutschland mit Studien zur Wirksamkeit ihrer Vakzine erst beginnen, werden in Russland laut Agenturberichten seit August Krankenhausmitarbeiter und Beamte mit einem Impfstoff behandelt, der - wie der chinesische - bisher nicht alle vorgeschriebenen Testphasen durchlaufen hat. Auch die Tochter des russischen Präsidenten Wladimir Putin soll die Vakzine erhalten haben. Das Vorgehen war international auf Kritik gestoßen.

Corona-Impfstoff
:Zweifelhafte Zulassung

Neue Informationen über das Vakzin der Russen bestätigen dessen Unfertigkeit. Selbst Forscher der Föderation üben heftige Kritik.

Von Kathrin Zinkant

Bereits im Juni, ehe die finale Testphase abgeschlossen war, hatte Chinas Regierung dem Militär offiziell die Erlaubnis erteilt, Soldaten einen Impfstoff einer zweiten Firma zu verabreichen. An der letzten Phase nehmen normalerweise oft mehrere Hundert oder sogar Tausende Menschen teil. Erst bei erfolgreichem Abschluss können Impfstoffe zugelassen werden. Das dauert in der Regel Jahre.

Trump scheint sich vom Wettlauf zwischen China und Russland unter Druck gesetzt zu fühlen

In der vergangenen Woche war es bereits zu einem diplomatischen Zwischenfall zwischen China und dem Inselstaat Papua-Neuguinea gekommen. Mitarbeiter eines chinesischen Bergbauunternehmens waren auf dem Weg in das Land, als die lokalen Behörden ihnen die Einreisegenehmigung entzogen. Grund dafür war ein Schreiben des Staatsunternehmens, indem dieses erklärte, die Minenarbeiter seien bereits gegen das Coronavirus geimpft und könnten bei einem möglichen Test auf das Virus deshalb anschlagen.

Die Firma wollte anscheinend erreichen, dass die Arbeiter von Tests bei der Einreise entbunden wurden, erreichte damit aber das Gegenteil. Die Behörden in der Hauptstadt Port Moresby forderten eine Erklärung aus Peking und wiesen darauf hin, dass es verboten sei, Impfstoffe einzuführen, die in dem Land nicht zugelassen sind.

Auch in den USA scheint man sich von den Vorstößen aus China und Russland unter Druck gesetzt zu sehen. Am Samstag behauptete US-Präsident Donald Trump auf Twitter, bei der zuständigen Lebens- und Arzneimittelbehörde FDA erschwerten ihm feindlich gesinnte Beamte die Entwicklung von Corona-Medikamenten und Impfstoffen, damit es vor der Präsidentschaftswahl am 3. November keine Erfolgsmeldung geben könne.

Vertreter eines "Staates im Staate, oder wer auch immer", machten es den Pharmaunternehmen schwer, Probanden für Medikamente und Impfstoffe zu finden, schrieb Trump weiter. An den Chef der FDA, Stephen Hahn, gerichtet schrieb er: "Wir müssen uns auf Geschwindigkeit und das Retten von Leben konzentrieren."

© SZ vom 26.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusExklusivCurevac-Chef Franz-Werner Haas
:"Wir sind optimistisch, dass unser Impfstoff wirkt"

Am Freitag ging die Tübinger Curevac an die Börse. Firmenchef Franz-Werner Haas sagt, wie es um die Entwicklung eines Corona-Impfstoffs steht - und warum er zum Handelsstart nicht nach New York reiste.

Interview von Elisabeth Dostert und Stefan Mayr

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: