Bundesregierung:Baerbock verlangt von Scholz andere China-Politik

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Wenn der Bundeskanzler diese Woche nach Peking reist, begleiten ihn Kritik aus den eigenen Reihen und hohe Erwartungen von Menschenrechtlern.

Von Paul-Anton Krüger und Till Uebelacker, Berlin

Unmittelbar vor der ersten China-Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) eine Änderung der deutschen China-Politik verlangt. Bei einem Besuch in der zentralasiatischen Republik Usbekistan pochte Baerbock am Dienstag darauf, "dass wir als Bundesregierung eine neue China-Strategie schreiben, weil das chinesische Politiksystem sich in den letzten Jahren massiv verändert hat und damit sich auch unsere China-Politik verändern muss". Die Außenministerin forderte den Kanzler auf, in China deutlich zu machen, "dass die Frage von fairen Wettbewerbsbedingungen, dass die Frage von Menschenrechten und die Frage der Anerkennung des internationalen Rechts unsere Grundlage der internationalen Kooperation ist". Scholz wird am Freitag in Peking erwartet und soll dort auch Staats- und Parteichef Xi Jinping treffen.

Baerbock sagte, im Koalitionsvertrag sei festgehalten, dass die Bundesregierung China zwar als Partner in globalen Fragen betrachte, von dem man sich nicht entkoppeln könne in einer globalisierten Welt. Zugleich sei China aber auch Wettbewerber "und in zunehmendem Maße systemischer Rivale". Auf diesem strategischen Verständnis müsse die deutsche Chinapolitik fußen. Die Außenministerin hatte zuletzt mehrmals erkennen lassen, dass sie den Zeitpunkt der Scholz-Reise - kurz nach dem Volkskongress der Kommunistischen Partei Chinas (KP) - für falsch halte.

In Berlin kritisierten am Dienstag mehrere Menschenrechtsorganisationen ebenfalls den Zeitpunkt wie auch den Schwerpunkt der Kanzlerreise. Angesichts der Unterdrückung und Ausbeutung des uigurischen Volkes, der drohenden Annexion Taiwans und der diktatorischen Zustände nach der Wiederwahl Xi Jinpings sei keine Zeit für "business as usual" mit dem Regime in Peking, hieß es auf einer gemeinsamen Pressekonferenz des Weltkongresses der Uiguren, des Instituts für Ökonomie und Ökumene sowie von Human Rights Watch. Deutschland-Direktor Wenzel Michalski warnte insbesondere vor wirtschaftlicher Erpressbarkeit einzelner EU-Staaten wie Griechenland oder Ungarn. China könne so die Einigkeit im Westen schwächen und das Demokratiemodell unterminieren.

Dolkun Isa, Präsident des Weltkongresses der Uiguren, forderte Scholz auf, von Xi Jinping die Schließung von Arbeits- und Umerziehungslagern in der uigurischen Provinz Xinjiang zu verlangen: "Die Zukunft unseres Volkes ist in Gefahr." Deutsche Unternehmen würden von der Zwangsarbeit von Tausenden Uiguren profitieren. Sabine Ferenschild, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Ökonomie und Ökumene, forderte einen Importstopp für Produkte aus der Provinz Xinjiang.

Scholz wird der erste ausländische Regierungschef sein, den Staats- und Parteichef Xi Jinping trifft, nachdem er sich auf dem Kongress der Kommunistischen Partei vor zehn Tagen für eine dritte Amtszeit hat bestätigen lassen und alle wichtigen Führungsgremien mit Gefolgsleuten besetzt hat. Das Bundeskabinett hatte vergangene Woche auf Druck des Kanzleramts den Einstieg des chinesischen Konzerns Cosco in ein Containerterminal im Hamburger Hafen genehmigt. Das Auswärtige Amt hatte dagegen schwere Bedenken geltend gemacht.

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