Süddeutsche Zeitung

China:Donald Trump hat ein völlig veraltetes Bild von China

  • Trumps Reaktionen auf die Kritik an seinem umstrittenen Telefonat mit Taiwans Präsidentin zeigen, wie veraltet sein Bild von China ist.
  • Peking verbilligt nicht mehr seine Währung schon lange nicht mehr künstlich, wie Trump behauptet.
  • Auch die These, dass China Arbeitsplätze aus den USA abzieht, ist eine Mär.

Von Christoph Giesen, Peking

Es war schon Montagmorgen in China als Donald Trump, der designierte Präsident Amerikas, auf der anderen Seite der Weltkugel zu seinem Smartphone griff und zwei Tweets absetzte. Die Reaktion auf sein umstrittenes Telefonat mit Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen. Zwei Tweets bloß, und doch mit mächtiger Wirkung.

In China fragt man sich: Meint der Mann das ernst? Das Problem: Trumps China-Bild stimmt großteils nicht mehr mit der Realität überein. Schon lange verbilligt Peking nicht mehr seine Währung künstlich, um die Exportwirtschaft anzukurbeln. Der Internationale Währungsfonds bescheinigte China jüngst, dass die Währung fair gehandelt wird.

Vielmehr versucht die Chinesische Volksbank seit Monaten den Kurs des Yuan stabil zu halten - ein schwieriges Unterfangen, da Milliarden illegal das Land verlassen. Alleine im vergangenen Monat schmolzen die Devisenreserven der Volksrepublik um 46 Milliarden Dollar. Seit Sommer 2014 sind gar 873 Milliarden Dollar für Stützkäufe draufgegangen. Die Führung in Peking verschärfte daher die Kontrolle der Devisenausfuhr stark.

Ein Wirtschaftskrieg träfe die USA vermutlich stärker als China

Auch die These, dass China Arbeitsplätze aus den USA abzieht, ist eine Mär. Vor 15 Jahren, als die Volksrepublik der Welthandelsorganisation beitrat, fielen in der Tat Jobs in der amerikanischen Industrie weg. Inzwischen kämpft China selbst mit dem Sog der Globalisierung, Arbeitsplätze werden in Niedriglohnländer wie etwa Vietnam oder Kambodscha verlagert.

Im Wahlkampf hatte Trump einen Strafzoll in Höhe von 45 Prozent für chinesische Importe gefordert. Nach der Wahl war man sich in Peking sicher, dass das alles nur Getöse gewesen sei. Die Vernunft, glaubte man, werde Trump davon abhalten, die chinesisch-amerikanischen Beziehungen zu schrotten. Zu sehr sind beide Volkswirtschaften miteinander verbunden. Zu sehr ist die Weltwirtschaft auf Chinas Erfolg angewiesen, schließlich ist die Volksrepublik für 40 Prozent des weltweiten Wachstums verantwortlich. Ein Ausfall Chinas würde die Vereinigten Staaten in eine Rezession treiben. Nun twittert er wieder.

Wie schon im Wahlkampf beschuldigt er China den Yuan bewusst abzuwerten, um amerikanischen Firmen zu schaden. Doch das Gegenteil ist wahr. China verbrennt jeden Monat 50 Milliarden Dollar der Devisenreserven, um den Yuan stabil zu halten. Ein entfesselter Wirtschaftskrieg träfe die USA vermutlich stärker als China.

Wie stark, skizzierte vor Kurzem die Global Times, eine Zeitung der Kommunistischen Partei, für den Fall, dass Trump Strafzölle anordnen sollte: "Eine Charge von Boeing-Aufträgen würde durch Airbus ersetzt werden. Amerikanische Autos und iPhones hätten es schwer in China, die Importe von Sojabohnen und Mais würden gestoppt. Und China kann auch die Zahl der chinesischen Studenten, die in den USA studieren, begrenzen." Es stehen unruhige Zeiten bevor.

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SZ vom 06.12.2016/jly
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