Süddeutsche Zeitung

Chef der Saar-Grünen: Hubert Ulrich:Seine Gegner trauen ihm alles zu

Im vergangenen Jahr hat er das erwartete Linksbündis im Saarland verhindert. Nun könnte Hubert Ulrich die Zukunft von Hartz IV entscheiden. Doch der eigenwillige Fraktionschef der Grünen hält sich bedeckt.

Marc Widmann

Wer vormittags mit Hubert Ulrich telefoniert, hört öfter lustige Kinderlaute im Hintergrund. Seine Familie mit drei Töchtern und einem kleinen Sohn hält den 53-Jährigen gut auf Trab, aber das ist nicht der einzige Grund, weshalb der saarländische Grünen-Chef kein Minister werden wollte im ersten schwarz-gelb-grünen Bündnis der Republik. Er schätzt die Freiheit, die er weiterhin besitzt als Fraktionschef, dass ihm keiner etwas vorschreiben kann, auch nicht der Ministerpräsident.

Jetzt schauen wieder einmal viele Berliner Politiker auf das kleine Saarland und fragen sich, was Ulrich dort wohl ausheckt. So war es 2009, als er nach der Landtagswahl der Königsmacher war und wochenlang schwieg; so ist es jetzt, vor der Abstimmung im Bundesrat über die Hartz-Reform.

Sind die Grünen käuflich?

Stimmen die saarländischen Grünen doch zu, falls die Bundesregierung ihnen ein gutes Angebot macht, verhelfen sie der schwarz-gelben Koalition in Berlin zu diesem Erfolg? Im Grunde lässt sich das auf eine knappe Frage reduzieren: Sind sie käuflich?

Es gibt manche, die Hubert Ulrich genau das zutrauen, die ihn für knallhart halten, seitdem er vor einem Jahr überraschend das erwartete Linksbündnis an der Saar ablehnte, es mit seinem Einfluss verhinderte. Kaum hatte er seine Haltung verkündet, seine Abneigung gegen Oskar Lafontaine, brach eine Wutwelle über ihn herein. Es gab Morddrohungen.

Außerdem wurde bekannt, dass Ulrich nebenbei in einer Computerfirma gearbeitet hatte, die zu einem Viertel einem FDP-Politiker gehört; und dass dieser Unternehmer den Grünen im Wahlkampf eine beachtliche Summe spendete. Ulrich sei gekauft worden, so unterstellen es Linke und SPD bis heute, es ist für sie die Erklärung für alles.

Er sagt dazu: "Das ist Diffamierung." Ihn habe keiner beeinflusst, und wer daran zweifele, müsse nur den Koalitionsvertrag lesen, in dem die angeblich gekauften Grünen alle Ziele erreicht haben, und die angeblich schmierende FDP sehr, sehr wenig.

Unverheilte Wunden

Vor diesem Hintergrund also geht es nun um Hartz IV, und wieder behaupten SPD-Politiker, die Saar-Grünen würden "nur darauf warten, gekauft zu werden". Die Wunden sind noch lange nicht verheilt.

"Das ist schlichter Unsinn", sagt Hubert Ulrich dazu, er muss etwas lachen über die Debatte, denn der ganze Wirbel entstand so: Kürzlich riefen ihn Journalisten an und fragten, was er denn mache, wenn die Bundesregierung ein richtig gutes Angebot unterbreite bei Hartz IV? "Wir werden das bewerten und dann eine Entscheidung treffen", ist seine Antwort, für selbstverständlich hält er das. Aber nun ist zu lesen, dass er wieder mal pokern würde. Zockt er? "Ich habe in keinster Weise gesagt, dass wir ein Angebot erwarten oder eins wollen. Wir haben keine Absicht, auszuscheren."

Es ist also wie immer bei Hubert Ulrich: Seine Gegner trauen ihm alles zu, andere glauben ihm. Eine Erfahrung, über die er sich mit seinem SPD-Freund austauschen kann, dem früheren Regierungschef an der Saar, Reinhard Klimmt. Der redet noch mit ihm, im Gegensatz zum aktuellen Landeschef Heiko Maas, und bekundete unlängst sogar, was er an dem Grünen schätzt: "Die klare Linie."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1031573
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 03.12.2010/jobr
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.