Chaos in Gaza:Israel hilft palästinensischen Flüchtlingen

Israel kommt der neuen palästinensischen Notstandsregierung entgegen, um ein Flüchtlingsdrama im Gaza-Streifen zu verhindern. Die Armee lockerte inzwischen die Absperrungen für verletzte Fatah-Kämpfer. Doch Hunderte Menschen sitzen weiter an der Grenze fest.

Thorsten Schmitz, Erez

Israel kommt der neuen palästinensischen Notstandsregierung entgegen, um ein Flüchtlingsdrama im Gaza-Streifen zu verhindern. Der neue Verteidigungsminister Ehud Barak wies die israelische Armee am Mittwoch an, jenen Palästinensern die Ausreise ins Westjordanland via Israel zu gewähren, die dringend medizinische Hilfe benötigten oder als Bürger des Westjordanlandes nach dem Putsch der radikalislamischen Hamas im Gaza-Streifen festsäßen.

Chaos in Gaza: Grenzübergang Gaza: Rotes Kreuz im Einsatz

Grenzübergang Gaza: Rotes Kreuz im Einsatz

(Foto: Foto: AP)

Hunderte Palästinenser harrten indes weiter am Grenzübergang Erez, der den Gaza-Streifen mit Israel verbindet, bei großer Hitze und ohne sanitäre Anlagen in einem rund einen Kilometer langen Betontunnel aus, unter ihnen einige Verletzte. Sie waren nach dem Putsch der Hamas in Gaza geflüchtet. Bei den Verletzten handelt es sich nach palästinensischen Angaben vor allem um Fatah-Sicherheitsmänner, die bei einem Schusswechsel mit Hamas-Kämpfern im Tunnel am Montag verletzt worden waren. Sie lagen nur notdürftig versorgt auf dem blanken Betonfußboden.

Israelische Hilfsorganisationen forderten die Regierung in Jerusalem zur Öffnung der Grenze auf. Nach Angaben der israelischen Armee erhielten mehrere Palästinenser im Tunnel medizinische Notversorgung durch israelische Sanitäter sowie 55 Palästinenser die Genehmigung zur Einreise nach Israel. Bei ihnen habe es sich um Verletzte oder Schwerkranke gehandelt.

Der von Palästinenserpräsident Machmud Abbas zum Hilfs-Koordinator für den Gaza-Streifen ernannte Fatah-Politiker Saeb Erekat warnte zudem vor einer Lebensmittelknappheit im Gaza-Streifen. Die 1,5 Millionen Bewohner brauchten täglich 450 Tonnen Nahrung. Durch die Schließung sämtlicher Grenzübergänge seien die Einfuhren gestoppt, sagte er. Israels Armee erlaubte eigenen Angaben zufolge die Einfuhr von 200 Tonnen Nahrungsmitteln und 30 Tonnen Medikamenten.

Die israelische Außenministerin Tzipi Livni sagte dem Notstandskabinett der Fatah in einem ersten Kontakt mit Regierungschef Salam Fajad ihre Unterstützung zu. Außer den Verletzten wurde auch etwa hundert russischen Frauen und Kindern die Ausreise nach Israel gestattet, ihren palästinensischen Ehemännern jedoch nicht. Israel fürchtet einen Massenansturm, wenn es allen Palästinensern in dem Niemandsland die Ausreise gewährt.

Ein junger Palästinenser in dem Grenztunnel, der sich als Mitglied des Sicherheitsdienstes der Fatah ausgab, beklagte die unerträgliche Hitze, das fehlende Essen und den Gestank. Er wie die Mehrheit der Wartenden wolle ins Westjordanland zu Verwandten ausreisen und nicht in Israel bleiben. Da es in dem Tunnel keine Toiletten gibt, verrichten Männer, Frauen und Kinder ihre Notdurft in dem Tunnel.

Als Reaktion auf den Beschuss Israels durch palästinensische Kurzstreckenraketen bombardierte die israelische Luftwaffe Ziele im Norden des Gaza-Streifens in der Nähe des Grenzübergangs. Zuvor waren israelische Truppen in den Süden des Gaza-Streifens vorgedrungen und hatten sich dort Gefechte mit bewaffneten Palästinensern geliefert. Dabei sind nach israelischen Angaben fünf Palästinenser getötet worden. Bei einem Einsatz der israelischen Armee im Westjordanland nahe der Stadt Dschenin wurden nach israelischen Radio-Angaben zwei Palästinenser getötet.

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