Die Nachrichten aus Teheran klingen nicht gut. Die Eltern und der Lebensgefährte berichten, Cecilia Sala, die italienische Journalistin in iranischer Haft, habe sie beschworen zu helfen: „Fate presto“, macht schnell, habe die Gefangene gesagt, in dem einzigen Telefonat, das bisher bewilligt wurde. Nach den Berichten sind die Haftbedingungen hart. Cecilia Sala habe keine Matratze und müsse in der beißenden Kälte auf einer Decke auf dem Boden schlafen, sogar ihre Brille habe man ihr genommen. Das Neonlicht brennt 24 Stunden, sie ist isoliert, kann nicht einmal die Wärter sehen, weil diese ihr das Essen – viele Datteln – durch einen Spalt in der Tür reichen. Das Carepaket der Familie, das Mut machen sollte, ist nicht angekommen. „Was soll man anderes erwarten in einem iranischen Gefängnis?“, sagt Claudio Cerasa, der Chefredakteur der Zeitung Il Foglio, für welche die Auslandsreporterin schreibt.
Cerasa ist wütend, er hat seinen Unmut in einem engagierten Editorial zum Ausdruck gebracht: „Journalismus ist kein Verbrechen, man schreibt das einfach so hin, aber das ist keine Theorie, sondern lebendige, reale und beängstigende Realität.“ Seine Mitarbeiterin Cecilia Sala sei mit einem regulären Visum in Iran, „um über ein Land zu berichten, das sie kennt und liebt, ein Land, in dem Informationen durch Repressionen, Drohungen, Einschüchterung, Gewalt und Inhaftierung unterdrückt werden“.
Sie war schon oft dort, wo es brennt
Das Schicksal der jungen Frau wühlt die italienische Öffentlichkeit auf, es ist das wichtigste Thema in den Medien und Gesprächsstoff am Kiosk und in der Bar. Viele kennen Sala von ihrem Podcast „Stories“, in dem sie über die Krisen der Welt berichtet, und von ihren Auftritten im Fernsehen, die 29-Jährige ist eine gefragte Expertin. Auf ihrem Instagram-Account hat sie mehr als 450 000 Follower. Häufig war sie genau dort, wo es brennt: in Afghanistan kurz nach der Machtübernahme durch die Taliban, in der Ukraine und in Nahost.
Die Journalistin hat ursprünglich Ökonomie studiert, und schon während dieser Zeit für renommierte Magazine und TV-Sendungen gearbeitet; dabei erwarb sie sich rasch außenpolitische Expertise. Seit 2019 schreibt sie unter anderem für Il Foglio und arbeitet für den Podcast-Verbund Chora Media, das Studium brach sie zwischenzeitlich ab. Cecilia Sala gilt als erfahren und vorsichtig. Ihre jüngste Recherche hatte sie nach allen Regeln des Fachs abgesichert, das Regime war über ihre Reise und ihre Termine informiert. Umso überraschender kam die Verhaftung am 19. Dezember, einen Tag vor der geplanten Rückreise nach Italien.

Internationale Beziehungen:Tauziehen um verhaftete italienische Reporterin in Iran
Teheran wirft Cecilia Sala „illegale Aktivitäten“ vor, doch vielleicht geht es auch nur darum, über Rom Druck auf Washington auszuüben. Schaltet Premierministerin Meloni am Ende Elon Musk ein?
Nachdem die Gründe dafür zunächst unklar waren und diplomatische Kanäle verschwiegen sind, scheint es sich jetzt zu bestätigen, dass Sala eine Geisel sein könnte für die Freilassung eines iranischen Geschäftsmanns, der von den italienischen Behörden auf US-Gesuch am Mailänder Flughafen Malpensa wegen Terrorismusverdachts verhaftet worden ist. Dem 38-Jährigen wird vorgeworfen, ein Navigationssystem an Iran geliefert zu haben, das vor einem Jahr bei einem Drohnenangriff auf US-Soldaten im Irak verwendet worden sein soll, damals gab es drei Tote und viele Verletzte.
Der Fall beschäftigt auch Sergio Mattarella, den italienischen Staatspräsidenten, die anerkannte moralische Instanz des Landes: In seiner Neujahrsansprache sagte er: „Wir sind ihr nahe und hoffen, sie so bald wie möglich in Italien wiederzusehen.“ Doch die italienische Regierung steht unter Druck aus Washington, den Iraner nicht freizulassen, sondern auszuliefern. Dieser besitzt obendrein die schweizerische Staatsangehörigkeit: Damit sind an diesem komplizierten Fall vier Staaten beteiligt – und mittendrin Cecilia Sala, die sich nichts hat zuschulden kommen lassen, als ihrer Arbeit als Journalistin nachzugehen: frei zu informieren und zu berichten.