CDU/CSU:Eine heikle Beziehung

Der Wechsel des CSU-Vorsitzes von Erwin Huber zu Horst Seehofer wird Bundeskanzlerin Merkel das Regieren deutlich erschweren.

Stefan Braun

Die Szene sieht nett aus, sie muss auch nett wirken, die Kameras werden sie festhalten. Also gibt sich die Kanzlerin außerordentlich freundlich. Und Horst Seehofer lächelt so frech zurück, wie nur er lächeln kann. Der CSU-Chef in spe ist gerade in der Unionsfraktion eingetroffen, er strahlt so zufrieden, wie das nur einer kann, der gerade die größtmögliche Wiederauferstehung erlebt hat.

CDU/CSU: Horst Seehofer (l.) und Angela Merkel könnte demnächst weniger zum Lachen zumute sein.

Horst Seehofer (l.) und Angela Merkel könnte demnächst weniger zum Lachen zumute sein.

(Foto: Foto: dpa)

Beide reichen sich die Hände, Merkel gratuliert, und Seehofer bedankt sich. Man tut das, es muss sein, es ist üblich zwischen politischen Partnern. Und doch wissen beide, dass sich viel ändern wird in den nächsten Wochen.

Es sah aus wie ein Abschied

Es ist gar nicht so lange her und ein derartiger Handschlag wäre undenkbar gewesen. Ziemlich exakt vor vier Jahren hatten sich beide im Streit über die Gesundheitsreformpläne der Union dermaßen in den Haaren gelegen, dass es am Ende einen Verlierer geben musste: Horst Seehofer. Der gab damals nicht nur klein bei, er entschied sich sogar, als Fraktionsvize von Merkel zurückzutreten. Es sah aus wie ein Abschied.

Und es ist nicht gelogen, dass Merkel froh war darüber. Dass Seehofer im Herbst 2005 als Bundesminister zurückkam, geschah überdies gegen den Willen Merkels, sie hätte statt Seehofer gerne Erwin Huber nach Berlin gelockt. Wie man sieht, ist am Ende so ziemlich alles anders gekommen.

Nicht mehr berechenbar

Das gilt nicht nur für Seehofer. Es gilt auch für die CDU-Führung, die sich auf einen völlig anderen CSU-Partner einstellen muss. Denn trotz aller Rumpeleien der letzten Monate war Huber eigentlich genau der Typ, den sich eine CDU wünschen müsste. Er war bis zum Start seiner Steuerentlastungskampagne das, was man einen echten und berechenbaren Partner nennen konnte. Keiner, der lange Vorträge hielt, keiner, der wie einst Edmund Stoiber alles besser wusste, und dazu einer, der Gefährten zur Seite steht, wenn es darauf ankommt.

So gesehen war es sicher nicht nur falsch, als am Dienstag CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla erklärte, er habe mit Huber "sehr konstruktiv und freundschaftlich" zusammengearbeitet. Irgendwann freilich ist in das enge Verhältnis was rein geraten. Die Berliner schüttelten über München den Kopf, und in München wuchs der Zorn über Merkels Mannschaft.

Ausgangspunkt war Hubers Forderung, die Pendlerpauschale wieder einzuführen. In Berlin heißt es hart, man habe im Lauf des bayerischen Wahlkampfs zunehmend weniger verstanden, warum sich Huber auf das Thema so versteift habe. Und Huber ist am Ende einfach nur enttäuscht gewesen, dass Merkel für alles mögliche Geld hatte, nicht aber für die Pendlerpauschale.

So gesehen könnte ein Neuanfang mit Seehofer beiden Seiten das Leben erleichtern. Tatsächlich aber wird es wohl ganz anders kommen. Seehofer kündigte am Dienstag schon mal an, die CSU müsse sich wieder um die Belange der Menschen kümmern, sie müsse wieder Schutzmacht für deren Interessen sein.

Vor allem aber, und das ist der große Unterschied zu Merkel, ist Seehofer ein starker Anhänger großer Flügel in der Partei, weil für ihn nur so die Qualität einer Volkspartei erhalten bleibt. Kein Wunder, dass er alle Flügel namentlich nannte: Die CSU müsse sich um ihre Wirtschaftskompetenz kümmern, um ihr soziales Gefühl - und um ihr "Kernpotential der Nationalkonservativen". Seehofer wird sich die Definition, was das bedeuten muss, auch von der Kanzlerin nicht vorschreiben lassen.

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