CDU:Was Merkel beim Parteitag droht

  • In der CDU gibt es Widerstand gegen die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin.
  • Er kommt vor allem von der Jungen Union und dem Wirtschaftsflügel. Beide Gruppen wollen den Leitantrag nicht akzeptieren.
  • Vermutlich sind Merkels Gegner nicht stark und entschlossen genug, um auf dem Parteitag einen Kurswechsel zu erzwingen.

Von Robert Roßmann

Bundestag

Im Gegensatz zu SPD-Chef Gabriel muss sich Merkel keiner Wiederwahl stellen.

(Foto: dpa)

Der CDU-Parteitag wird erst am Montag über die Flüchtlingspolitik beraten, aber eines scheint schon jetzt klar zu sein: Einen Kurswechsel der Partei wird es nicht geben. In der Debatte dürften zwar kritische Stimmen laut werden. Aber wenn Angela Merkel ihre Rede nicht so versemmelt wie die beim CSU-Parteitag wird am Ende die Mehrheit den Leitantrag der CDU-Spitze billigen - und damit Merkels Kurs unterstützen. So sagen es zumindest die Auguren voraus. Aber ganz sicher kann man sich bei Parteitagen nie sein.

In der CDU gibt es heftigen Widerstand gegen die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin. In der Bundestagsfraktion musste sie sich mehrmals rechtfertigen, vor allem die Innenexperten verlangen einen härteren Kurs. Auch viele Kommunalpolitiker sind unzufrieden. Auf einigen CDU-Regionalkonferenzen wurde Merkel hart angegriffen.

Auch Jens Spahn und Günter Krings verstecken ihren Unmut nicht - Spahn ist Staatssekretär bei Finanzminister Wolfgang Schäuble, Krings bei Innenminister Thomas de Maizière. Speerspitze der Kritik sind aber die Junge Union (JU) und die Mittelstandsvereinigung (MIT). Die Parteijugend und der Wirtschaftsflügel fordern eine schnelle und wirksame Begrenzung der Flüchtlingszahlen durch nationale Maßnahmen. Dabei verweisen sie gern darauf, dass weit über 300 der tausend Parteitagsdelegierten Mitglied von JU oder MIT seien.

Es könnte zu einer offenen Auseinandersetzung kommen

Am Freitag verkündeten die Vorsitzenden von JU und MIT, Paul Ziemiak und Carsten Linnemann, dass sie den von der CDU-Spitze vorgelegten Leitantrag nicht akzeptieren. Die beiden forderten die CDU-Spitze auf, noch vor Beginn des Parteitags ein "Signal der Begrenzung" in den Antrag aufzunehmen. Wenn sie das nicht tut, will JU-Chef Ziemiak dem ganzen Parteitag einen Antrag zur Verschärfung der Flüchtlingspolitik vorlegen. Es käme dann zur offenen Auseinandersetzung.

Die Gegner von Merkels Kurs sind auch über das Vorgehen der CDU-Spitze verärgert. Diese hatte am Donnerstag den Entwurf für den Leitantrag präsentiert. Aus Sicht der Gegner enthält er keine einzige relevante Konzession an die Kritiker. Einer der Wortführer der Merkel-Gegner sagte daraufhin ziemlich konsterniert, er sei "unentschlossen", wie man jetzt weiter vorgehen solle.

Einerseits denke er sich, wen interessiere so ein Leitantragstext überhaupt, die Realität an den Grenzen werde den Text doch "eh schnell einholen". Andererseits mache ihn das Vorgehen der CDU-Spitze "wütend". Diese Unentschlossenheit schwächt die Gegner von Merkels Kurs. Sie sind sich nicht sicher, ob sie es wirklich auf einen harten Streit ankommen lassen sollen.

Die Junge Union beharrt nicht mehr auf einer Obergrenze für Flüchtlinge

Dabei schwingt auch mit, dass niemand Merkel beschädigen will, alle Beteiligten halten sie noch immer für eine ansonsten herausragende Kanzlerin und Garantin eines Wahlerfolgs 2017. Dass die Merkel-Gegner deshalb eine einvernehmliche Lösung bevorzugen würden, zeigt das Vorgehen der JU. Sie hat in den vergangenen Wochen - wie die CSU - mit Leidenschaft für eine Obergrenze der Flüchtlingszahl gekämpft. Doch davon rückte die JU am Freitag ab. Sie hofft, dass im Gegenzug auch die Parteispitze Konzessionen macht und damit beide Seiten gesichtswahrend aus dem Konflikt herauskommen.

Doch die CDU-Spitze ist weiterhin zu keinen relevanten Änderungen bereit. "Die Kanzlerin ist von ihrem Kurs überzeugt und handelt seit Wochen entsprechend", sagt einer der fünf stellvertretenden Parteichefs. "Warum sollte sie jetzt wegen einiger Änderungsanträge wider besseres Wissen ihren Kurs ändern?"

Im Gegensatz zu SPD-Chef Gabriel muss sich Merkel keiner Wiederwahl stellen

Die CDU-Spitze verweist außerdem darauf, dass der Leitantrag auch Teile zur inneren Sicherheit und zu Integrationspflichten enthalte. Beide seien vergleichsweise restriktiv. Im Leitantrag gibt es zudem einige sprachliche Zugeständnisse an die Gegner. So heißt es, Deutschland habe "starke Schultern". Doch kein Land könne die Hoffnungen aller Flüchtlinge alleine erfüllen. Die CDU wolle die Zahl der Flüchtlinge deshalb "reduzieren".

Im Gegensatz zu SPD-Chef Sigmar Gabriel muss sich Merkel keiner Wiederwahl stellen. Unmut über sie könnte sich also nur in der Flüchtlingsdebatte ausdrücken. Hier wird der Kanzlerin aber nicht nur die Unentschlossenheit ihrer Gegner helfen. Die Flüchtlingszahlen gehen seit Ende November deutlich zurück, das schafft Erleichterung. Das gilt auch für die wieder besser werdenden Umfragewerte der Union. Und so wird es Merkel auf ihrem Parteitag nicht einfach haben, eine Demütigung dürfte ihr im Gegensatz zu Gabriel aber erspart bleiben.

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