CDU-Wahlprogramm:Was sie gerne täten, wenn sie könnten

In einem Entwurf für das Wahlprogramm verspricht die Unionsspitze Steuersenkungen - allerdings nur unter Vorbehalt.

Stefan Braun

Die Botschaft stammt von Renate Köcher, und was die Meinungsforscherin aus Allensbach der Unionsführung empfiehlt, setzt sich schnell fest in deren Köpfen. Verheißung lautet Köchers großes Wort, und seit die Wissenschaftlerin vom Bodensee es im Sommer des vergangenen Jahres bei einer Klausur erstmals ins Gespräch brachte, suchen die Kauders und Pofallas der Union eine ebensolche Verheißung, vor allem für den Bundestagswahlkampf.

CDU-Wahlprogramm: Wunsch und Wirklichkeit passen nicht immer zusammen - auch nicht im Wahlprogramm der Union.

Wunsch und Wirklichkeit passen nicht immer zusammen - auch nicht im Wahlprogramm der Union.

(Foto: Foto: ddp)

Nimmt man nun den Entwurf vom Entwurf für ein Steuerkonzept zum Wahlprogramm, dann scheint es, als sei die Union fündig geworden. Das Papier besteht bislang zwar aus gerade anderthalb Seiten. Außerdem wird es wahlweise als "Spekulation" oder als "Wasserstandsmeldung" beschrieben. Die Aussagen jedoch, die eine kleine Arbeitsgruppe da zusammengestellt hat, können durchaus als ernste Botschaft verstanden werden - und sie versprechen so viel und sagen so wenig über die Kosten, dass man, zumal in einer Weltwirtschaftskrise, durchaus von einer großen Verheißung sprechen könnte.

Die drei Autoren - CDU-Generalsekretär Pofalla, Unionsfraktionschef Kauder und Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon - haben aufgeschrieben, was an Steuersenkungen so alles wünschenswert wäre. Die Sätze sollen für alle gesenkt werden, der Eingangssteuersatz soll um zwei Punkte auf zwölf Prozent, der Mittelsteuersatz auf 23 Prozent sinken. Außerdem sollen die Freibeträge für Kinder auf das Niveau von Erwachsenen, also auf 8004 Euro steigen, ebenso soll die Grenze, ab der der Spitzensteuersatz greift, auf 60.000 Euro angehoben werden.

Hinzu kommen soll eine Förderung der privaten Altersvorsorge, es soll keine weitere Belastung der Energiepreise geben. Schließlich - und das ist noch längst nicht alles - sollen die persönlichen Freibeträge und Steuersätze bei der Erbschaftsteuer regionalisiert werden. Wie das alles bezahlt werden soll, wird verschwiegen. Nur ein Satz findet sich, nämlich der Wille, dass die "Haushaltskonsolidierung Ziel" bleibe. Davor heißt es in der zentralen Botschaft: "Wir wollen mehr Netto vom Brutto und der kalten Progression entgegenwirken. Steuerpolitik ist Kernkompetenz der Union."

Nun handelt es sich in der Tat erst um einen Entwurf vom Entwurf. Außerdem steht dieser Entwurf nach allen Erklärungen aus Partei und Fraktion unter dem Totalvorbehalt der für Mitte Mai geplanten Steuerschätzung. Dass das Papier gleichwohl schon jetzt an die Öffentlichkeit gelangte, spricht vor allem dafür, dass jemand der in den vergangenen Tagen schärfer werdenden Debatte um den Wahlkampfkurs etwas Wind aus den Segeln nehmen wollte.

Seitdem der CDU-Wirtschaftsrat öffentlich und die CDU-Mittelstandsvereinigung intern ihre Wünsche geäußert haben, entwickelt sich genau jene Diskussion, die Angela Merkel in den Monaten vor der Wahl vermeiden wollte. Der Wirtschaftsflügel fordert Steuersenkungen und eine Lockerung des Kündigungsschutzes, der Sozialflügel hält dagegen. Da scheint es nicht ungeschickt, beiden Seiten ein Papier zu präsentieren, in dem die Unionsführung mal aufschreibt, was sie gerne tun würde, wenn sie nur könnte.

Ob diese Form der Häppchennahrung wirklich beruhigend wirkt, ist jedoch nicht sicher. Wahrscheinlicher ist, dass nun, nach einigen Wochen relativer Ruhe, alle möglichen Gruppen mit ihren Ideen auftreten werden. Ein Beispiel folgte noch am Mittwoch. Peter Ramsauer, der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, zeigte sich offen für eine von der SPD geforderte Börsenumsatzsteuer, sollten die Sozialdemokraten seine Forderung unterstützen, den Mehrwertsteuersatz zum Beispiel für Gastwirte zu halbieren. Beide Ideen hatte die CDU zuletzt kritisiert; entsprechend misstrauisch dürfte sie den Schwall neuer Ideen empfinden. Verhindern freilich kann sie ihn nicht mehr.

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