Norbert Röttgen:Der mit dem langen Atem

Norbert Röttgen zum CDU-Vorsitz

Großer Auftritt: Franziska Hoppermann und Norbert Röttgen bei ihrer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin.

(Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Norbert Röttgen kandidiert zum zweiten Mal für den CDU-Vorsitz, diesmal mit Franziska Hoppermann als Generalsekretärs-Kandidatin. Dass es bei der Wahl Anfang des Jahres nicht klappte, sieht er nicht als Makel.

Von Boris Herrmann und Robert Roßmann, Berlin

Norbert Röttgen hat es offenbar eilig. Er kommt neun Minuten zu früh zu seiner eigenen Vorstellung. Für einen, der - wieder einmal - CDU-Vorsitzender werden will, sind neun Minuten fast verschwenderisch viel Zeit. Was macht man denn da so, wenn man neun Minuten auf dem Podium der Bundespressekonferenz warten muss, bis die Berichterstatter endlich eintrudeln und die TV-Sender mit der Übertragung beginnen? Prima, dann habe man wenigstens genügend Zeit für Fotos, sagt Röttgen.

Mit ihm auf dem Podium wartet auch Franziska Hoppermann auf ihren großen Auftritt, eine Frau von bislang überschaubarem Bekanntheitsgrad im politischen Berlin. Weil sie aber hier ist, ahnen natürlich alle, dass Röttgen sie gleich als seine Generalsekretärs-Kandidatin vorstellen wird. Von der Möglichkeit zum Gruppenfoto wird deshalb rege Gebrauch gemacht. Als das Blitzlichtgewitter vorbei ist, sind aber immer noch fünf Warteminuten bis zum Beginn der Veranstaltung übrig.

Zeit für eine kleine Zeitschleife. Als der Außenpolitiker Norbert Röttgen, 56, schon einmal an dieser Stelle saß, um eine Kandidatur für den Parteivorsitz anzukündigen, da war er nicht nur in der Rolle des Außenseiters, sondern auch in der des Spielverderbers. Durch sein Vorpreschen damals, im Februar 2020, machte er alle Bemühungen um eine einvernehmliche Hinterzimmerlösung zwischen Armin Laschet und Friedrich Merz endgültig zunichte. Es ist deshalb keine schlechte Idee, dass Röttgen mit dem Unterschied zwischen seiner damaligen und seiner aktuellen Bewerbung beginnt, als die Show endlich starten kann. Er erzählt, 2020 sei er gar nicht in der Erwartung angetreten zu gewinnen. Was er vorhabe, schaffe man eh nicht in einem Anlauf. "Aber man muss mal anfangen zu laufen, um ans Ziel zu kommen", sagt er. Kein Zweifel: Wenn er von Erneuerung der CDU spricht, dann geht es um etwas Großes.

Röttgen kündigt an, sechs Aspekte vorzutragen, die seine Zeit als Parteichef prägen sollen, wobei er nach dem vierten Punkt (christliches Menschenbild) etwas durcheinanderkommt und plötzlich wieder ab Punkt drei (außenpolitische Kompetenz) weiterzählt. So gelingt es ihm, in sechs Punkten heimlich acht Forderungen unterzubringen. Er ist eben doch ein Profi.

Röttgen setzt sich klar von Merz ab

Sein erster Punkt ist die CDU als Volkspartei der Mitte. "Die Mitte der Gesellschaft, da muss unser Standort sein", sagt Röttgen. Entscheidend ist aber sein nächster Satz, dass sich dieser Standort nämlich in der Figur des Vorsitzenden ausdrücken müsse. Damit setzt er sich klar von seinem mutmaßlichen Konkurrenten Friedrich Merz ab, der bekanntlich auch den Standortfaktoren konservativer Gefilde etwas abgewinnen kann.

Röttgen aber argumentiert: "Wir haben in der Mitte die Stimmen und die Wahlen verloren und wir werden in der Mitte diese Stimmen zurückholen." Also nur mit einem wie ihm an der Spitze. Das führt ihn zu seinem zweiten zentralen Argument in eigener Sache: "Die CDU und ihr Vorsitzender in Person müssen Glaubwürdigkeit in der Klimapolitik verkörpern", sonst höre die jüngere Generation gar nicht mehr zu. Der Vorsitzendenkandidat in Person, der hier spricht, war immerhin schon einmal Bundesumweltminister.

Und Friedrich Merz? Röttgen will sich auch nicht zu sehr von ihm abgrenzen, bei der Mitgliederbefragung braucht er schließlich auch Stimmen aus dem klassischen Merz-Lager, wenn er Parteichef werden will. Röttgen sagt also, das Konservative werde selbstverständlich immer "ein Teil der Identität" der CDU bleiben.

Aber nun ist ja noch ein dritter Mann im Spiel, Helge Braun. Der geschäftsführende Kanzleramtsminister will jetzt auch CDU-Chef werden. Anders als Röttgen sucht er an diesem Freitag aber nicht die öffentliche Bühne, sondern stellt sich erst einmal in der Partei vor.

Braun fehlt noch die Frau an seiner politischen Seite

In der CDU gibt es viele, die weder von Merz noch von Röttgen so richtig überzeugt sind. Und Braun ist davon überzeugt, dass das seine Chance ist. Aber er weiß natürlich auch, dass sich die Mitglieder derzeit nicht unbedingt nach einem Mann von oben sehnen. Braun weist also darauf hin, dass er schon seit 18 Jahren Kreisvorsitzender sei - und damit selbst so etwas wie Basis. Und er verspricht, ein Vorsitzender zu sein, neben dem sich viele profilieren könnten. Als Kanzleramtschef ist man ja schon qua Amt eine Art wandelnder Vermittlungsausschuss. In einer Partei, deren Granden in den vergangenen Jahren nicht durch vorbildliche Umgangsformen aufgefallen sind, möchte Braun die Lager wieder zusammenführen. Ein Team oder eine Frau an seiner politischen Seite präsentiert er aber noch nicht.

In der Bundespressekonferenz dauert es fast 25 Minuten, bis auch die neue Teamkollegin von Norbert Röttgen erstmals zu Wort kommt. Franziska Hoppermann sagt: "Erlauben Sie mir, dass ich mich zunächst einmal vorstelle: Ich bin 39 Jahre alt, verheiratet, habe einen 15-jährigen Sohn und komme aus Hamburg." Sie verweist auch auf ihre Erfahrung aus der Kommunalpolitik und als vollzeittätige Mutter. Seit einigen Wochen ist sie außerdem Bundestagsabgeordnete, darauf hat Röttgen bei der Wahl seiner Generalsekretärin besonderen Wert gelegt.

In den anstehenden Oppositionsjahren wird es für CDU-Politiker nicht viele Bühnen geben, auf denen sie noch wahrgenommen werden. Der Bundestag wird eine wichtige sein. Das ist einer der Gründe, weshalb Röttgen diesmal nicht mit der rheinland-pfälzischen Landtagsabgeordneten Ellen Demuth im Team antritt.

Hoppermann sagt, die Aufgabe der Generalsekretärin sei etwas, das ihr Respekt einflöße, aber sie traue sich das zu. Röttgen traut sich offenbar nicht zu, auch gleich nach dem Vorsitz der Unionsfraktion zu greifen. Er sagt: "Ich werde mit Ralph Brinkhaus eng und vertrauensvoll zusammenarbeiten." Das klingt fast wie eine Teameinladung an einen, dem zuletzt ebenfalls Ambitionen auf den Parteivorsitz nachgesagt wurden.

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