Süddeutsche Zeitung

CDU:Wer Merkel an der Parteispitze folgen könnte

Kaum hat Kanzlerin Merkel ihren Rückzug angekündigt, bringen sich potenzielle Nachfolger in Stellung. Drei prominente Christdemokraten kündigen ihre Kandidatur an: Merz, Kramp-Karrenbauer und Spahn. Ein Überblick.

Von Jana Anzlinger

Nach fast zwei Jahrzehnten im Amt kommt das Ende nun offenbar ganz schnell: Angela Merkel will nicht mehr als CDU-Chefin kandidieren. Sie ziehe damit die Konsequenz aus dem schlechten Abschneiden ihrer Partei bei der Landtagswahl in Hessen, sagte die Kanzlerin bei einer Präsidiumssitzung und einer Pressekonferenz. 18 Jahre war sie im Amt.

Bereits Anfang Dezember findet in Hamburg der Parteitag statt, bei dem Merkels Nachfolgerin oder Nachfolger gewählt werden soll. Drei Kandidaten bringen sich schon deutlich in Stellung, ein weiterer hätte wohl ebenfalls Erfolgschancen. Merkel selbst gibt öffentlich keine Empfehlung ab.

Friedrich Merz

Wer ist das? Kaum werden die ersten Gerüchte über Merkels angekündigten Rückzug laut, kursiert schon der Name eines Altbekannten: Friedrich Merz, heißt es via Bild-Zeitung aus seinem Umfeld, stehe für eine Kandidatur bereit, wenn die Partei dies wünsche.

Was macht der? Merz stand von 2000 bis 2002 an der Spitze der Bundestagsfraktion von CDU und CSU - bis Merkel ihn aus diesem Amt verdrängte. 2009 verkündete Merz, er werde eine "Polit-Pause" einlegen. Diese Pause dauert bis heute an, der Jurist und Finanzexperte hat sie in der Kanzlei, als Berater und in Aufsichtsräten verbracht.

Wofür steht er? Der 62-Jährige steht für Ordnung, Sicherheit und Treue zum Grundgesetz. Er hat seinen Verzicht auf eine weitere Amtszeit und seine Pause damals mit inhaltlichen Differenzen begründet. Er fremdelte mit der CDU. Doch sein Herz brennt bis heute für christdemokratische Werte.

Warum kann er sich Chancen ausrechnen? Merz hat seine Motivation deutlich demonstriert, indem er sich so früh ins Rennen brachte. Er könnte für die Christdemokraten frischen Wind als Quer-Wiedereinsteiger und andererseits inhaltliche Sicherheit bedeuten.

Annegret Kramp-Karrenbauer

Wer ist das? Schon auf der Sitzung des Vorstands, kurz nach Merkels Ankündigung, sagte Annegret Kramp-Karrenbauer zu, was alle schon geahnt hatten: Auch sie will kandidieren.

Sie ist die Frau, die den Schulz-Zug gestoppt - oder zumindest den Bremsvorgang eingeleitet hat. Im Frühjahr 2017 gewann Kramp-Karrenbauer auf dem Höhepunkt der SPD-Euphorie um Kanzlerkandidat Martin Schulz die Landtagswahl im Saarland. Ein paar Monate später trat sie das erkämpfte Amt wieder ab und wechselte nach Berlin. Hier gehört "AKK" zur engsten Führungsriege um Merkel.

Was macht die? Seit Februar 2018 ist Kramp-Karrenbauer CDU-Generalsekretärin. Sie hatte die Berliner Luft 1998 schon einmal geschnuppert, als sie für wenige Monate im Bundestag saß. Von 1999 bis 2018 saß sie im saarländischen Landtag - von 2000 bis 2011 als Ministerin in verschiedenen Ressorts (Inneres, Bildung, Soziales) und dann fast sieben Jahre lang als Regierungschefin.

Wofür steht sie? Die erst zweite weibliche CDU-Generalsekretärin überhaupt setzt sich schon lange für die Frauenquote ein. Allgemein steht sie in der Sozialpolitik eher am linken Rand ihrer Partei. Mehrfach hat die 56-Jährige schon CSU-Chef Horst Seehofer brüskiert, etwa als sie sagte, dass "die Muslime in Deutschland mit ihrem Glauben, dem Islam, zu unserem Land gehören". Im Asylstreit hat sie an CDU-Mitglieder einen Brief geschrieben, der Seehofer übel aufstieß. Darin warnte sie, der Plan der CSU zur Zurückweisung von Flüchtlingen direkt an der Grenze berge die Gefahr, "Europa weiter zu spalten und zu schwächen".

Warum kann sie sich Chancen ausrechnen? Dass Merkel die langjährige Ministerpräsidentin nach Berlin holte, haben viele bereits als Nachfolgeplanung verstanden.

Jens Spahn

Wer ist das? Als dritter Kandidat für die Merkel-Nachfolge meldet sich am Montag Gesundheitsminister Jens Spahn. "Der größte Merkel-Kritiker", "umstrittener Star der Union", "innerparteilicher Oppositionsführer", so oder ähnlich wird er gerne beschrieben. Tatsächlich bildet Spahn mit Agrarministerin Julia Klöckner und Wirtschaftspolitiker Carsten Linnemann eine Art Anti-Merkel-Troika.

Was macht der? Spahn ist mit 22 Jahren als jüngster direkt gewählter Abgeordneter der Geschichte in den Bundestag eingezogen. 16 Jahre später ist er immer noch da und inzwischen Gesundheitsminister. Außerdem sitzt er im Parteivorstand.

Wofür steht er? Spahn gehört zum konservativen Flügel. Mit Klöckner und Linnemann macht er Krach, wenn es um Flüchtlingspolitik und Muslime geht. Er befürwortet Fallpauschalen, mit denen Krankenhäuser Operationen und Untersuchungen wie Produkte abrechnen. Außerdem verteidigt er das Informationsverbot zu Abtreibungen. Für Empörung sorgte seine Aussage, Hartz IV bedeute keine Armut, sondern sei "die Antwort der Solidargemeinschaft auf Armut".

Warum kann er sich Chancen ausrechnen? Unverhohlener Ehrgeiz treibt den 38-Jährigen, der sich sicher noch höhere Ämter erhofft. Er steht für einen konservativen Wandel, bisher galt: Wer Merkel satt hat, unterstützt Spahn.

In einer früheren Variante des Textes waren auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet aufgeführt. Beide haben inzwischen erklärt, sich nicht um den CDU-Vorsitz bewerben zu wollen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4189732
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/fued/rus/irm
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.