CDU und CSU:Seehofer und Brinkhaus - Väter der Unruhe

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Bundeskanzlerin Angela Merkel und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt auf der Klausurtagung des Vorstands der Unionsfraktion in Berlin. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Horst Seehofer und Ralph Brinkhaus stören den Frieden im Fraktionsvorstand der Union. Ungeschickt, finden viele.

Von Robert Roßmann, Berlin

Eigentlich hatte sich Volker Kauder den Auftakt zur Klausur seines Fraktionsvorstandes anders vorgestellt. Der Vorsitzende der Unionsfraktion hat ein Faible für Japan, er war bereits acht Mal in dem asiatischen Land. Kauder war deshalb stolz, den japanischen Außenminister Taro Kono als Gast für seine Klausur gewonnen zu haben. Aber als am Donnerstag auf der Präsidialebene des Bundestags die Klausur begann, interessierte sich niemand für den Gast aus Japan. Denn in Horst Seehofer und Ralph Brinkhaus hatten zwei andere Männer alle Aufmerksamkeit auf sich gezogen.

Innenminister Seehofer hatte am Vortag auf der Klausur der CSU-Bundestagsabgeordneten in Neuhardenberg gesagt, die Migration sei "die Mutter aller Probleme". Die Bemerkung löste in Berlin einen politischen Sturm aus. Und so musste Kauder vor allem dem Eindruck entgegentreten, dass der Streit zwischen CDU und CSU wieder aufflammt. Die Unionsfraktion ist das Scharnier zwischen den Schwesterparteien, und Kauder nun mal deren Chef. Leicht fiel ihm das nicht. Auch weil Seehofer und Merkel am Donnerstag nicht schwiegen, sondern sich zu dem Fall äußerten - und zwar gegensätzlich. "Ich sag' das anders", erklärte Merkel im RTL-Sommerinterview zu Seehofers Zitat. "Ich sage, die Migrationsfrage stellt uns vor Herausforderungen. Und dabei gibt es auch Probleme" - es gebe aber auch Erfolge.

Seehofer bekräftigte dagegen seine Äußerung. Der Innenminister sagte der Rheinischen Post, der Aufstieg der AfD und der schwindende Rückhalt für die Volksparteien liege "natürlich nicht alleine" an der Migrationspolitik. Aber die Migrationsfrage sei "die Mutter aller politischen Probleme in diesem Land". Das sage er seit drei Jahren - und das würden Umfragen bestätigen. Viele Menschen würden "ihre sozialen Sorgen mit der Migrationsfrage" verbinden.

In der Union sehnen sich sogar die Merkel-Kritiker nach Ruhe

Nun sind zwar auch unter den CDU-Abgeordneten viele der Meinung, dass Seehofer nicht unrecht hat; einige von ihnen beklagten sich sogar über eine angeblich scheinheilige Empörungsrhetorik, deren Opfer Seehofer gerade mal wieder werde. Dass seine Äußerung aber ungeschickt war, das fanden dann doch fast alle Abgeordneten, mit denen man sprechen konnte. Denn durch Seehofers Satz entsteht der Eindruck, zwischen der CSU und der Kanzlerin gebe es schon wieder Streit um die Flüchtlingspolitik. Dabei sehnen sich nach der Eskalation des Konflikts im Frühsommer und wenige Wochen vor den Landtagswahlen in Bayern und Hessen in der Union sogar die Merkel-Kritiker nach Ruhe.

Der Wirbel um die Seehofer-Äußerung hätte Kauder an diesem Tag schon gereicht, aber dann war da ja auch noch der zweite Störenfried: Ralph Brinkhaus. Der 50-Jährige aus Gütersloh will statt Kauder Fraktionschef werden. Bisher ist der Finanz- und Haushaltspolitiker einer der elf Stellvertreter Kauders. Er will bei der turnusmäßigen Wahl am 25. September antreten, obwohl Merkel und Seehofer Amtsinhaber Kauder unterstützen.

Brinkhaus glaubt, dass die Fraktion neue Impulse und einen Brückenbauer braucht. Beides ist indirekte Kritik an Kauder, der bereits seit 13 Jahren an der Spitze der Fraktion steht. Es gibt in der Union zwar starkes Grummeln über Kauder. Bei der letzten Wahl hatten ihm bereits 59 der 239 anwesenden Abgeordneten die Unterstützung versagt. Wegen des Ruhebedürfnisses nach dem Asylstreit und vor den Wahlen, aber auch, weil Kauder als wichtige Stütze Merkels gilt, dürfte Brinkhaus trotzdem chancenlos sein. Seine Wahl würde als Affront gegenüber Merkel wahrgenommen werden. Es würde sofort eine Debatte beginnen, ob es nicht auch für die Kanzlerin an der Zeit wäre zu gehen.

Eigentlich soll sich die zweitägige Klausur aber vor allem um Inhalte drehen. Unter anderem will der Vorstand der Unionsfraktion ein Papier mit dem Titel "Pakt für den Rechtsstaat" beschließen. Darin wird zum Beispiel ein Ende der sogenannten Kettenbewährungen verlangt. In der Vorlage heißt es: "Dafür werden wir klarstellen, dass keine Bewährung mehr verhängt werden darf, wenn eine Straftat während einer laufenden Bewährung begangen wurde." Das im Jugendstrafrecht geltende Höchstmaß des Dauerarrests soll von vier Wochen auf drei Monate verlängert werden. Außerdem fordert die Unionsfraktion "eine klarstellende Regelung, die sicherstellt, dass auf heranwachsende Täter regelmäßig das Erwachsenenstrafrecht Anwendung findet".

© SZ vom 07.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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